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Corona-Impfungen nur für den Club der Reichen?
Schwierige Versorgung von Entwicklungsländern zeichnet sich ab
Paris. Der in aller Welt seit langem ersehnte Corona-Impfstoff rückt in Reichweite. Nach dem Mainzer Unternehmen Biontech und seinem US-Partner Pfizer meldete am Montag auch der US-Pharmakonzern Moderna, dass er demnächst die Notfallzulassung eines Corona-Impfstoffs mit mehr als 90-prozentiger Wirksamkeit beantrage. In reichen Ländern wie den EU-Staaten laufen die Vorbereitungen für eine Verteilung von Corona-Impfstoffen auf Hochtouren. Wie aber ärmere Länder in dem Wettrennen um das lebensrettende Mittel bestehen sollen, ist weiter unklar.
Schon seit ein Corona-Impfstoff Thema ist, warnen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und andere Experten, dass Milliarden Menschen in Entwicklungsländern aus finanziellen und logistischen Gründen von der Schutzimpfung ausgeschlossen bleiben könnten. Biontech und der Pharmariese Pfizer wollen ihre ersten Impfdosen schon in einigen Wochen bereitstellen, wenn sie die Notfallzulassungen der jeweiligen Gesundheitsbehörden bekommen. Nächstes Jahr wollen Biontech und Pfizer 1,3 Milliarden Impfdosen auf den Markt bringen.
Reichere Länder haben bereits Dutzende Millionen Dosen geordert. Bei Kosten in Höhe von 40 Dollar (34 Euro) für die aus zwei Dosen bestehende Biontech-Pfizer-Behandlung können ärmere Länder da nicht mithalten.
Sie müssen auf die Corona-Impfstoff-Initiative Covax hoffen, die im April von der WHO für eine gerechte weltweite Verteilung von Corona-Impfstoffen ins Leben gerufen worden war. Dazu wurden Regierungen, Wissenschaftler, Vertreter der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft zusammengebracht. Pfizer ist der Initiative allerdings bislang nicht beigetreten, laut Pressestelle des Pharmariesen hat er eine »Interessenbekundung für eine mögliche Belieferung« von Covax abgegeben.
Rachel Silverman vom Center for Global Development in Washington hält es dennoch für unwahrscheinlich, dass viel von den ersten Impfstoff-Chargen bei ärmeren Ländern ankommt. Nach ihren Berechnungen haben sich reiche Länder bereits 1,1 Milliarden Impfdosen von Biontech/Pfizer gesichert. »Für alle anderen ist da nicht mehr viel übrig«, sagt die Expertin für Gesundheitspolitik.
Weil einige der Länder mit Vorbestellungen wie Großbritannien oder Japan auch Covax angehören, dürften ein paar Impfdosen auch für die ärmeren Staaten abfallen. Die USA, die allein 600 Millionen Impfdosen vorbestellt haben, gehören Covax hingegen nicht an. Unter dem künftigen Präsidenten Joe Biden könnte sich das womöglich ändern.
Benjamin Schreiber, Corona-Impfkoordinator beim UN-Kinderhilfswerk Unicef, warnt die Industriestaaten eindringlich vor Egoismus: »Wir müssen wirklich eine Situation verhindern, in der reiche Länder alle Impfstoffe schlucken und dann nicht mehr genug Dosen für die ärmsten Länder vorhanden sind.«
Abgesehen von ethischen Gründen ist eine breite Verteilung der Impfstoffe auch aus epidemiologischen Gesichtspunkten sinnvoll. Diesen Monat veröffentlichte Modellrechnungen von Wissenschaftlern der Northeastern University in Boston ergaben, dass bei einer Verteilung der ersten zwei Milliarden Dosen eines Corona-Impfstoffs ausschließlich an 50 reiche Länder die Zahl der weltweiten Corona-Toten um 33 Prozent verringert würde.
Bei einer breiten Verteilung der Impfdosen einzig auf Grundlage der Bevölkerungszahl von Ländern würde die Zahl der Corona-Toten hingegen um 61 Prozent verringert. »Der bescheidene Gewinn für Länder mit hohen Einkommen durch die Monopolisierung von Impfstoffen ist deutlich kleiner als die zerstörerischen Verluste für Länder mit niedrigen Einkommen«, kommentierte die an Covax beteiligte Impfallianz Gavi die Studie.
Zusätzlich haben arme Länder noch mehr mit den logistischen Herausforderungen bei der Impfstoffverteilung zu kämpfen. Der m-RNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer muss bei minus 70 Grad gelagert werden - die meisten Krankenhaus-Kühlschränke kühlen aber nur auf minus 20 Grad.
Selbst für Industriestaaten sei dies »eine enorme logistische Herausforderungen«, sagt Silverman. In ärmeren Ländern seien bislang aber noch nicht einmal entsprechende Lieferketten-Protokolle ausgearbeitet worden. Hoffnung macht immerhin, dass Moderna verkündete, dass sein Corona-Impfstoffkandidat leichter zu lagern sei. Er soll sich bei zwei bis acht Grad einige Wochen halten und bei minus 20 Grad sogar ein halbes Jahr lang.
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