- Berlin
- Kurzarbeit
BER geht ab Dezember in den Sparmodus
Flughafengesellschaft legt still und setzt Kurzarbeiterregelung wieder in Kraft - Terminal 5 wird ab Frühjahr befristet vom Netz genommen
Die erste Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) nach Inbetriebnahme des Hauptstadtflughafens BER endete mit der Verkündung zahlreicher Hiobsbotschaften: Anfang Dezember wird die Start- und Landebahn Süd befristet stillgelegt. Zudem treten die seit August ausgesetzten Kurzarbeiterregelungen im Unternehmen wieder in Kraft. Mit dem Flugplanwechsel im März wird, zunächst für ein Jahr, das Terminal 5 in Schönefeld geschlossen. Auch die zu diesem Zeitpunkt geplante Inbetriebnahme des eingemotteten Terminals 2 ist ungewiss.
Es handelt sich dabei um Sparmaßnahmen, die die FBB-Geschäftsführung angesichts der zweiten Coronawelle, des damit verbundenen Rückgangs des Luftverkehrs und des dramatisch eingebrochenen Passagieraufkommens beschlossen und teils schon in Kraft gesetzt hat. Angesichts dessen war das Lob vergällt, das Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider und Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup allen Projektbeteiligten machten: Mit dem Willy-Brandt-Flughafen verfüge die Region seit dem 31. Oktober über einen modernen Airport. Er sei ohne nennenswerte Probleme in Betrieb genommen worden und habe seither störungsfrei funktioniert. Schwerpunkt der Aufsichtsratssitzung sei allerdings gewesen, welche Konsequenzen die FBB-Geschäftsführung aus der aktuellen Lage ziehen wolle, sagte Bretschneider. »Die Verkehrszahlen, die wir für 2021 prognostizieren, sind nochmals niedriger, als wir das im Herbst angenommen haben.«
Wie BER-Chef Lütke Daldrup berichtete, habe sich der Flugverkehr seit September wieder rückläufig entwickelt, das Verkehrsaufkommen betrage nur noch zehn Prozent des normalerweise im Oktober oder November zu erwartenden Niveaus. Für das gesamte Jahr 2020 rechne er nach aktueller Prognose nur noch mit 9,1 Millionen statt der 36 Millionen am Standort Berlin 2019 abgefertigten Passagiere. Die damit 2020 verbundenen Einnahmeausfälle könne die FBB durch die Coronahilfen ihrer Gesellschafter in Höhe von 300 Millionen Euro ausgleichen. Für 2021 stellen sie Darlehen über insgesamt 660 Millionen Euro bereit. Die Verträge dafür seien fertig, wie Lütke Daldrup erklärte.
Angesichts der Entwicklung des Infektionsgeschehens gehe die FBB wie alle Flughäfen in Europa davon aus, dass die Passagierzahlen 2021 weiter niedrig bleiben und die Erholung später einsetzen wird. »Solange die Corona-Pandemie das Reisen so stark erschwert oder unmöglich macht, werden wir nur wenig Besserung erwarten können.« Deswegen müsse das Unternehmen Kosten sparen. So werde die Kurzarbeit am 1. Dezember wieder beginnen und für einen großen Teil der Mitarbeiter 2021 beibehalten. Der mit der Gewerkschaft vereinbarte und schon in Kraft getretene Zukunftstarifvertrag sieht für die rund 2200 Mitarbeiter zwei Gehaltsnullrunden bei gleichzeitigem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vor. Der seit März geltende Einstellungsstopp bleibe bestehen.
Am 2020 beschlossenen Investitionsstopp hält die FBB auch 2021 fest. Über die Freigabe von Ausgaben von mehr 25 000 Euro entscheidet künftig ein Ausgabenboard.Wie Lütke Daldrup erinnerte, hat die FBB bereits 2020 aus eigener Kraft bis zu 75 Millionen Euro eingespart. Die temporäre Schließung von Terminal 5 allein verspreche eine Ersparnis von weitern 25 Millionen Euro.
Angesichts der Finanzprobleme hat FBB-Aufsichtsrat Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, den Einstieg privater Investoren ins Gespräch gebracht. Man werde die Frage stellen müssen, ob alle Gesellschafter Anteile abgeben, damit sich ein privater Investor einbringen könne. Für die nächsten zwei Jahre sei das nach dem Gesellschaftervertrag aber ausgeschlossen. Die Länder Berlin und Brandenburg lehnen eine Teilprivatisierung bislang ab.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.