Kurze Verschnaufpause

Im Streit um den Rundfunkbeitrag geben sich die Koalitionäre in Sachsen-Anhalt mehr Zeit für eine Lösung

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Ende eines langen Tages traten sie noch einmal vor die seit Stunden vor der Magdeburger Staatskanzlei wartende Presse: die Landesparteichefs Holger Stahlknecht (CDU), Andreas Schmidt (SPD) und Sebastian Striegel (Grüne). Viel sagen konnten sie nicht am Dienstag kurz vor Mitternacht, außer: dass sie nichts sagen können. Den ganzen Tag über hatten sie in der Staatskanzlei über eine Lösung des Koalitionsstreits um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags verhandelt - ohne Ergebnis. Und am Ende auch ohne Nervennahrung: »Der Kaffee ist alle, das Knabberzeug auch«, twitterte Olaf Meister von den Grünen.

Umso kürzer fiel überraschenderweise der Mittwoch aus. Die mit Spannung erwartete Sitzung des Medienausschusses wurde vorzeitig unterbrochen und soll in einer Woche, am 9. Dezember, wieder aufgenommen werden. Noch am Dienstag wollte die CDU den Ausschuss auf Biegen und Brechen durchziehen und einen höchst umstrittenen Antrag zur Abstimmung stellen, der den Streit um den Rundfunkstaatsvertrag und die damit verbundene Beitragserhöhung um 86 Cent auf eine neue Eskalationsstufe gehoben hätte: Die Landesregierung sollte den Vertrag zurückziehen und neu verhandeln.

Nun ist der große Knall erst einmal ausgeblieben. Und doch weht durch Magdeburg weiter ein frostiges Lüftchen, auch wenn sich die Koalitionäre um vorsichtigen Optimismus bemüht zeigen. Vor dem Medienausschuss hatte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle um Zeit geworben: »Kenia tastet sich langsam voran. Heute Morgen geht es erst mal um einen einvernehmlichen Weg für ein Verfahren, um die Sitzung des Medienausschusses gemeinsam zu bestreiten«, schrieb Pähle auf Twitter. Entsprechend erleichtert reagierte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann auf die Entscheidung, den Ausschuss zu unterbrechen. Nun sei Zeit für weitere Gespräche, twitterte die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im kommenden Jahr. Auch Linke-Landeschef Stefan Gebhardt nahm die Koalitionäre gegenüber »nd« in die Verantwortung: »Es geht hier um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit um ein wesentliches Merkmal unserer Demokratie. Aus diesem Grund muss man die Zeit, die man hat, bis zum Schluss nutzen.«

Fraglich ist, ob sich die festgefahrene Situation in Sachsen-Anhalt bis zur endgültigen Entscheidung im Landtag am 15. Dezember irgendwie auflösen lässt. Die Standpunkte scheinen auch nach der unterbrochenen Sitzung des Medienausschusses klar: Die CDU will keine Erhöhung des Rundfunkbeitrages, SPD und Grüne wollen den Rundfunkstaatsvertrag nicht gefährden. Mehrere Vorschläge zur Lösung des Konflikts stehen im Raum. Einer davon: Der Landtag könnte mit dem Zustimmungsgesetz zugleich einen Entschließungsantrag mit medienpolitischen Zielen - etwa einer stärkere Berücksichtigung Ostdeutschlands - verabschieden. Problem: Die CDU müsste der Erhöhung zustimmen.

Ein anderer Vorschlag lautet wie folgt: Der Landtag beschließt den Staatsvertrag und verabschiedet parallel einen Antrag, der Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dazu auffordert, gegenüber der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zu erwirken, dass ihr nächster Bericht in zwei Jahren eine Beitragsrelevanz erhält. Eine solche Idee brachte Stefan Gebhardt gegenüber »nd« ins Spiel. Auch Dorothea Frederking, medienpolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion, hält den Zwischenbericht für geeignet, um die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie bei einer Neufestsetzung des Beitrages zu berücksichtigen. Diese Neufestsetzung käme dann zwei Jahre eher als im üblichen Prozedere.

Und in der Tat, diese Idee könnte auch für die CDU interessant sein. Denn es waren die Konservativen, die Corona als Grund für eine Neuberechnung ins Spiel gebracht hatten. Ob sie nun den Vorschlag annehmen oder weiter auf ihrer Linie beharren, bleibt jedoch offen. Es soll Teile der Fraktion geben, die bereits eine Zeit nach Haseloff diskutieren. Klar ist aber auch, dass sich die CDU mit einem Scheitern von »Kenia« wohl selbst keinen Gefallen tun würde. Schon jetzt melden sich erste Spitzenfunktionäre, die eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD nicht mittragen wollen. Nach Informationen der Magdeburger »Volksstimme« droht CDU-Schatzmeister Karl Gerhold im Falle eines gemeinsamen Votums mit Rücktritt.

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