Großbritannien lässt Corona-Impfstoff zu
Deutsche Politiker verteidigen längeres EU-Zulassungsverfahren
Wegen seiner Corona-Politik sieht sich der britische Premier Boris Johnson seit Monaten massiver Kritik ausgesetzt. Das Vereinigte Königreich ist von der Covid-19-Pandemie und den Auswirkungen der Gegenmaßnahmen hart getroffen. Da ist es kein Wunder, dass Johnson von »fantastischen Nachrichten« sprach: Die Gesundheitsbehörde MHRA hat am Mittwoch dem vom Mainzer Biotechnologie-Unternehmen Biontech gemeinsam mit dem US-Pharmariesen Pfizer entwickelten Impfstoff eine Notfallzulassung erteilt. Damit ist Großbritannien das erste westeuropäische Land, das einen Corona-Impfstoff zugelassen hat. Gleichzeitig ist es für Biontech und Pfizer die erste Zulassung ihres Impfstoffes weltweit. Beide Unternehmen haben auch in den USA und der Europäischen Union eine Zulassung beantragt und rechnen mit einer Entscheidung bis Monatsende.
Laut britischem Gesundheitsministerium soll der Impfstoff bereits ab der kommenden Woche zur Verfügung stehen. Insgesamt sollen laut Biontech und Pfizer nach und nach 40 Millionen Impfdosen geliefert werden. Als erstes sollen damit Gesundheitsminister Matt Hancock zufolge Bewohner von Pflegeheimen und Pflegepersonal geimpft werden. Gleichzeitig mahnte er aber auch, sich weiterhin an die Schutzregeln zu halten, für eine Entwarnung sei es noch zu früh.
Laut Hancock hänge die schnelle Zulassung auch mit dem Austritt seines Landes aus der EU zusammen. »Wir waren in der Lage, eine Entscheidung zu treffen dank der britischen Aufsichtsbehörde, einer Weltklasse-Behörde, und mussten nicht das Tempo der Europäer gehen, die sich ein bisschen langsamer bewegen«, erklärte Hancock gegenüber einem Radiosender. Zwar seien alle Sicherheitschecks durchgeführt und die gleichen Prozesse durchlaufen worden. »Aber wir waren wegen des Brexits in der Lage, den Ablauf zu beschleunigen.«
Diese Darstellung Hancocks wies der deutsche EU-Parlamentarier und gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU), zurück. Alle EU-Staaten hätten die Möglichkeit, national eine Notfallzulassung zu erteilen. »Deutschland und andere Länder machen nicht von der Notfallzulassung Gebrauch, weil sie glauben, dass eine sorgfältige Prüfung durch die Europäische Arzneimittelagentur besser als eine überhastete Zulassung ist«, erklärte Liese. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte das Vorgehen der EU bei der Impfstoffzulassung. »Es geht nicht darum, irgendwie Erster zu sein, es geht darum, dass wir sichere und wirksame Impfstoffe haben«, erklärte Spahn. Ebenso bat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) um Geduld. »Wir sollten das Genehmigungsverfahren durch die europäische Arzneimittel-Agentur in Ruhe abwarten.« Es sei wichtig, immer wieder zu betonen, dass ein Impfstoff sicher und wirksam sein müsse. Das müsse für Europa und damit eben auch für Deutschland im traditionellen und üblichen Verfahren festgestellt werden. Mit Agenturen
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