Haushaltsstreit steht in Brüssel im Mittelpunkt

EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich zum letzten Gipfel 2020

  • Lesedauer: 3 Min.

Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb zum Auftakt des zweitägigen Treffen am Donnerstag in Brüssel für einen von ihr mit ausgearbeiteten Kompromiss, um die Blockade des EU-Haushalts und des Corona-Hilfsfonds durch Polen und Ungarn zu beseitigen. Keine Einigkeit unter den Mitgliedstaaten gibt es bisher auch zur Verschärfung des Klimaziels für das Jahr 2030.

EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem »schwierigen« Gipfeltreffen. »Ich hoffe, am Ende sind wir ein Stück weiter für Europa«, sagte Merkel mit Blick auf die dicht gefüllte Tagesordnung des zweitägigen Treffens, das zunächst mit Beratungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie begann.

Zentrales Thema war aber der EU-Haushaltsstreit. Denn ohne Lösung droht der EU ab Januar ein Nothaushalt mit drastischen Kürzungen. Auch der 750 Milliarden Euro schwere Hilfsfonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise könnte nicht wie geplant starten. Ungarn und Polen hatten gegen das Finanzpaket ihr Veto eingelegt, weil es die Kürzung von EU-Geldern bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze vorsieht.

Das Ende der Haushaltsblockade wäre »ein sehr wichtiges Zeichen für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union«, sagte Merkel. Ein vom deutschen EU-Vorsitz mit Polen und Ungarn ausgehandelter Kompromiss sieht nun eine erläuternde Erklärung zu dem Rechtsstaatsmechanismus vor. Darin wird einerseits nochmals klargestellt, dass er nur dem Schutz des EU-Haushaltes und der finanziellen Interessen der Union dient.

Gleichzeitig wird Polen und Ungarn zugesichert, dass zunächst keine Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Regelung einreichen. Dies könnte die Anwendung des Mechanismus bis ins Jahr 2022 verzögern. Diplomaten zufolge hatten bei Vorstellung des Kompromissvorschlages am Mittwoch noch die Niederlande, Dänemark und Belgien gewisse Vorbehalte. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte nun, er wolle »wirklich sicher sein«, dass sich durch den Kompromiss an dem Rechtsstaatsmechanismus »im politischen und rechtlichen Sinne« nichts ändere.

»Wir sind nahe dran, aber noch nicht auf der Ziellinie«, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Er glaube aber, dass dies »in den nächsten Stunden« gelingen könne.

Kein Thema ist auf dem Gipfel das Thema Brexit. Nahe an der Ziellinie ist man dort nur terminlich. Angesichts der weiterhin festgefahrenen Gespräche mit Großbritannien treibt die EU-Kommission die Vorbereitungen für ein Scheitern der Verhandlungen voran. Die Brüsseler Behörde veröffentlichte am Donnerstag Notfallgesetze für den Fall, dass es am 1. Januar kein Handelsabkommen gibt. Zuvor hatte ein Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson in Brüssel keinen Durchbruch gebracht. Die Verhandlungen sollen nun noch einmal bis Sonntag weitergeführt werden.

»Die Verhandlungen dauern noch an«, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Aber es gebe keine Garantie dafür, dass ein Handelsabkommen rechtzeitig in Kraft treten könne. »Es ist unsere Verantwortung, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.« Die Pläne ihrer Behörde sollen demnach »einige der bedeutenden Störungen« etwa im Flug- und Straßenverkehr abmildern.

Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. AFP/nd

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