Frisst Scheuer Katzenbabys?

Andreas Koristka überlegt, was der Verkehrsminister tun müsste, um entlassen zu werden

Im Politikbetrieb geht es mitunter recht fade, zuweilen sogar stinklangweilig zu. Das Personal scheint austauschbar und dröge. Ob nun in absehbarer Zeit Friedrich Merz, Norbert Röttgen, Armin Laschet oder Attila Hildmann das Land regieren - es könnte einem kaum etwas egaler sein. Doch zum Glück ragt zwischen all den blassen Gestalten der Berliner Bühne ein Mann hervor wie eine niederbayrische Dampfnudel aus der Vanillesoße. Die Rede ist natürlich von Andreas Scheuer, seines Zeichens Bundesverkehrsminister. Scheuer ist das Phänomen, ja die Lichtgestalt der Berliner Politik. Niemand anderes hätte sich so viele Fehltritte leisten können wie dieser Mann. Scheuer hat magische Hände. Alles, was er anfasst, wird zu einem Prüffall für den Bundesrechnungshof. Egal ob Autobahnmaut oder Autobahn GmbH. Wo Scheuer dabei ist, ist es, als hätte jemand den Stöpsel aus der Wanne mit den Steuereinnahmen gezogen, und das Geld fließt mit fröhlicher Leichtigkeit in die Kanalisation oder in die Hände großer Unternehmen.

Wie Andreas Scheuer immer wieder damit durchkommt, ist atemberaubend. Man könnte von einem göttlichen Talent sprechen, mit dem er gesegnet ist. Man hat schon Supermarktkassiererinnen dafür gefeuert, dass sie einen gefundenen Pfandbon einlösten. Andreas Scheuer darf hingegen tagein, tagaus Geld verbrennen, er darf die Verleihfirmen die deutschen Innenstädte mit Elektrorollern zuscheißen lassen, bis es krach,t und bleibt trotzdem im Amt.

Nach ersten vorsichtigen Prognosen wird Scheuer das Verkehrsministerium nie wieder verlassen. Das liegt zum Teil am komplizierten CSU-Proporz. Es gibt auf der ganzen Welt keinen zweiten Niederbayern, der Lust dazu hätte, Scheuer im Amt zu folgen. Weil das so ist, bereitet man sich in der Partei schon heute auf ein vorzeitiges Ableben des beliebten Verkehrsministers vor. Man will für den Ernstfall an einem hoffentlich fernen Tage gewappnet sein. Im CSU-Ortsverband Passau hat man dafür einen Einbalsamierungsworkshop ins Leben gerufen. Hier übt man die Fingerfertigkeit, die nötig ist, um mit einem Haken das Gehirn aus der Nase eines verblichenen Verkehrsministers zu ziehen. Außerdem rührt man Tinkturen und ätherische Öle an, die unabdingbar sind, damit Scheuer irgendwann einmal auch vom Sarkophag aus die Geschicke des deutschen Verkehrs leiten kann.

Alles spricht bislang dafür, dass es genau so kommen wird. Aber es gibt tatsächlich ein Szenario, in welchem Andreas Scheuer doch noch seinen Job verlieren könnte. Dafür müsste er sich nackt unter das Brandenburger Tor stellen und ein mehrstündiges satanisches Ritual abhalten, in dessen Verlauf er 666 Katzenbabys eigenhändig erschlägt und ihre Köpfe frisst. Anschließend müsste er mit einem Zimmermannshammer bewaffnet durch die Hauptstadt ziehen und unter übelsten Beschimpfungen der deutschen Autofahrer alle Außenspiegel von den Fahrzeugen deutscher Hersteller abschlagen. Sollten sich ihm die Besitzer in den Weg stellen, muss er mit aller ihm zur Verfügung stehenden christlich-sozialen Kraft versuchen, ihnen die Ohren abzubeißen.

Wenn er damit fertig ist, zieht er zu den Villen der Familie Quandt, um dort seine Notdurft zu verrichten und dabei laut aus dem »Kommunistischen Manifest« und den Schriften Greta Thunbergs vorzulesen. Dafür bräuchte er selbstredend ein bisschen Zeit. Aber als Belohnung dürfte Angela Merkel vielleicht mit seiner Entlassungsurkunde winken. Scheuer wäre dann endlich frei und könnte ordentliches Geld in der Wirtschaft verdienen. Oder die Kanzlerin würde - ein allerallerletztes Mal freilich - doch noch ein Auge zudrücken. Das wäre natürlich schön. Denn dann bliebe der Bundespolitik einer ihrer letzten echten, unverwechselbaren Typen bewahrt.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.