- Politik
- Coronapandemie in Deutschland
Bund und Länder beschließen harten Lockdown über den Jahreswechsel
Schulen und Einzelhandel sollen von Mittwoch an bis 10. Januar schließen / Keine Lockerungen über Silvester
Berlin. Deutschland geht wegen der Corona-Pandemie am Mittwoch in einen erneuten Lockdown. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag in Berlin mitteilte, haben Bund und Länder beschlossen, ab dem 16. Dezember den Einzelhandel bis auf Ausnahmen für Waren des täglichen Bedarfs zu schließen. Zudem sollen ab diesem Tag auch die Schulen schließen oder die Präsenzpflicht aufgehoben werden. Auch Friseure dürfen dann nicht mehr öffnen. Dies alles habe auch Auswirkungen auf die Feiertage, sagte Merkel. »Aber wir sind zum Handeln gezwungen«, ergänzte sie mit Blick auf die wieder stärker steigenden Infektionszahlen.
Die schärferen Regeln sollen bis zum 10. Januar gelten. Bis dahin soll es dabei bleiben, dass sich maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen können. Über die Weihnachtsfeiertage vom 24. bis 26. Dezember sollen vier weitere Personen aus dem engen Familienkreis dazukommen können, erläuterte Merkel.
Für Gottesdienste beschlossen Bund und Länder konkrete Regeln: mindestens 1,5 Meter Abstand zwischen Teilnehmern, Maskenpflicht, kein Gesang und Anmeldepflicht. Das Bundesinnenministerium soll Merkel zufolge erneut mit den Kirchen Gespräche über die Gottesdienste führen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte zuvor noch erklärt, dass er Gottesdienste für verantwortbar halte, weil Schutzmaßnahmen von den Kirchen peinlich genau eingehalten würden.
Merkel betonte zudem, dass es für Silvester und Neujahr keine Sonderregelungen bei den Kontaktbeschränkungen geben werde. Dann soll ein bundesweites Versammlungsverbot gelten. Zudem soll auf belebten Plätzen Feuerwerk verboten und der Verkauf von Pyrotechnik komplett untersagt werden. Um die in vielen Städten zu beobachtenden Versammlungen um Glühwein-Verkäufe zu unterbinden, soll von Mittwoch an bis 10. Dezember ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum gelten.
Merkel sagte, die bisherigen Maßnahmen hätten nicht gereicht. Es sei wieder ein exponentielles Wachstum bei der Zahl der Neuinfektionen zu beobachten. Das Gesundheitssystem sei sehr stark belastet, mahnte die Kanzlerin. Das Ziel bleibe, die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen auf maximal 50 zu bringen, um die Kontaktnachverfolgung wieder möglich zu machen. Davon hänge auch ab, wie es nach dem 10. Januar weitergehe, sagte sie. Am Sonntag lag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz laut Robert Koch-Institut bei 169.
Kinder sollen dem Bund-Länder-Beschluss zufolge ab Mittwoch wo immer möglich zu Hause betreut werden. Dies gilt auch für Kindertagesstätten. Dem Beschluss zufolge soll nur eine Notfallbetreuung angeboten werden. Arbeitnehmer sollen möglichst im Homeoffice arbeiten. Merkel unterstrich erneut, dass jeder vor Besuchen an Weihnachten eine »Schutzwoche« mit möglichst wenig Kontakten einlegen sollte.
Nur eine gute Stunde brauchten die Regierungschefs am Sonntag für die Beratungen. Es sei ein detaillierter, schneller und einvernehmlicher Abstimmungsprozess gewesen, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: »Corona ist außer Kontrolle geraten.« Deswegen gebe es jetzt »keine halben Sachen«. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), sagte, es sei Aufgabe der Regierung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. »Das Virus feiert keine stille Weihnacht«, sagte er.
Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Sonntagmorgen 20.200 Covid-19-Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Den Angaben zufolge starben 321 Menschen innerhalb eines Tages an oder mit dem Virus. epd/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.