So werden Nebenwirkungen überwacht

Nur Impfstoffe mit dem Nachweis einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz werden zugelassen und kommen in die Versorgung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Wenn ein Arzneimittel oder ein Impfstoff neu zugelassen wird, kann niemand jede denkbare Nebenwirkung kennen. Das gilt auch im aktuellen Fall des Impfstoffs, den die Firmen Biontech und Pfizer gegen das Coronavirus entwickelt haben.

Die Fachleute vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erläutern zur Begründung, dass die klinische Erprobung eines Arzneimittels an einer relativ geringen Zahl von Teilnehmern erfolge. »Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden«, schreiben die Experten.

Das Bundesgesundheitsministerium versichert allerdings in seiner Impfstrategie: »Nur Impfstoffe mit dem Nachweis einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz werden zugelassen und kommen in die Versorgung.« Es sei dennoch eine Überwachung im Rahmen der breiten Anwendung erforderlich, um potenzielle Risiken der Impfstoffe schnellstmöglich zu erfassen. Zuständig dafür ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.

Das PEI setzt dabei auf Meldungen von Herstellern, Ärzten und Apotheken, aber auch direkt von Patienten und ihren Angehörigen. Für Bürger führt der einfachste Weg über die Online-Plattform »nebenwirkungen.bund.de«, von wo die Informationen direkt an die zuständigen Behörden gehen. Zum Abschluss der Meldung erhält man eine elektronisch erzeugte Eingangsbestätigung, die alle Angaben zusammengefasst darstellt. Die darin enthaltene Bearbeitungsnummer dient eventuellen Rückfragen. Persönliche Daten können, müssen aber nicht angegeben werden.

Außerdem ist eine Smartphone-App des PEI verfügbar. Die Anwendung »SafeVac 2.0« dient laut Institut dazu, möglichst rasch neue Erkenntnisse zu Verträglichkeit und Risiken des Impfstoffs zu gewinnen. Es werde auch erfasst, wie viele der Teilnehmer die Impfung gut vertragen haben. Die Experten erhoffen sich zudem Auskunft über den Schutz vor COVID-19 bei Geimpften innerhalb von zwölf Monaten. »Je mehr geimpfte Erwachsene teilnehmen und Informationen übermitteln, desto aussagekräftiger sind die entsprechenden Daten«, so die Wissenschaftler.

Hersteller, die eine Zulassung für ein Medikament oder einen Impfstoff bekommen haben, sind laut Arzneimittelgesetz verpflichtet, jegliche Informationen über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen an die EudraVigilance-Datenbank weiterzugeben, die ihrerseits auch das in Deutschland zuständige PEI informiert.

Das PEI wertet alle Meldungen über vermutete Impfnebenwirkungen oder -komplikationen aus und veröffentlicht dazu detaillierte Berichte. Im Frühjahr 2020 wurde die jüngste Bilanz herausgegeben: »Im Jahr 2018 wurden 3570 Verdachtsfälle einer Impfkomplikation gemeldet. Es wurde kein neues Risikosignal für bisher unbekannte Nebenwirkungen durch die in Deutschland angewandten Impfstoffe im Jahr 2018 identifiziert.« Nachzulesen sind dort etwa die anonymisierten Details der Überprüfung von 22 Verdachtsfällen mit tödlichem Verlauf und 82 Fällen mit einem bleibenden Schaden nach Impfung. In keinem Fall wurde ein direkter Zusammenhang zwischen Impfung und gemeldetem Verlauf bestätigt.

Die Meldungen werden vom PEI zusätzlich an die Europäische Arzneimittelagentur EMA weitergeleitet, erläuterte die PEI-Sprecherin. Diese sammle Meldungen aus allen Mitgliedsstaaten und bilde so einen umfangreichen Datenpool, über den mögliche Risikosignale frühzeitig erkannt werden könnten. dpa/nd

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