Kleinere Rechenschwächen bei der CDU

Landeschef Kai Wegner widmet sich der »Scheeres-Krise« - mit nicht allzu treffsicheren Argumenten

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Berliner CDU ist im Wahlkampfmodus. Auf der Suche nach geeigneten Angriffsflächen im rot-rot-grünen Senat hat sich Landeschef Kai Wegner nun Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vorgenommen. So forderte am Dienstag der Spitzenkandidat der CDU für die nächste Abgeordnetenhauswahl einen pannenfreien Schulstart nach den Weihnachtsferien. Wie berichtet, hatte es bei der digitalen Lernplattform »Lernraum Berlin« kurz vor den Ferien massive Anmeldeprobleme gegeben. »Ich erwarte, dass Frau Scheeres das endlich in den Griff bekommt und die Technik spätestens zum Schulbeginn funktioniert«, sagte Wegner nun der Deutschen Presse-Agentur.

Auch mit Blick auf die Digitalisierung der Schulen im Allgemeinen zauberte der Spandauer Bundestagsabgeordnete Lösungen aus dem Hut. Der Bund stelle dem Land Berlin immerhin 257 Millionen Euro aus dem »Digitalpakt Schule« zur Verfügung. »Doch erst klägliche dreieinhalb Prozent der Fördermittel wurden bislang abgerufen.« Das müsse sich »schleunigst« ändern, so Wegner, für den auch dies ein Fall von »Scheeres-Krise« ist.

Nun ist das Abrufen der Digitalpakt-Gelder Sache der Schulträger, und das sind in den meisten Fällen die Bezirke, nicht die Bildungsverwaltung. »Die Bezirke gehen damit ja sehr unterschiedlich um«, sagt Scheeres’ Sprecher Martin Klesmann zu »nd«. In Pankow etwa wurden bis Ende Oktober von den zur Verfügung stehenden Mitteln lediglich 1,4 der fast 18 Millionen Euro abgerufen. Der zuständige Bildungsstadtrat: ein CDU-Mann. Klesmann verweist zudem darauf, dass die von Berlins CDU-Chef genannten »dreieinhalb Prozent« veraltet seien. Zum einen seien 2020 fast zehn Prozent der Mittel abgerufen worden, zum anderen verteile sich die Summe von 257 Millionen Euro auf fünf Jahre. »Das weiß Herr Wegner genau. Falls nicht, sollte er noch mal nachrechnen.«

Auch die Forderung, Scheeres möge die Plattform »Lernraum Berlin« wieder zum Laufen bringen, kann ihr Sprecher nicht nachvollziehen. »Das Problem ist doch längst behoben. Der ›Lernraum‹ läuft wieder stabil und wird auch am kommenden Montag zum Schulstart stabil laufen«, so Klesmann.

Nicht ganz so optimistisch ist in dieser Hinsicht die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. »Das wird sich noch zeigen«, sagt Regina Kittler zu »nd«. Sie fordert daher »eine deutliche Personalaufstockung« beim »Lernraum« und im IT-Bereich der Schulen selbst. Auch fehle den Lehrkräften und Schulleitungen nach wie vor eine über den »Lernraum« hinausgehende Positivliste mit einer Vorauswahl datenschutzrechtlich unbedenklicher digitaler Lernmittel. Das und vieles weitere ließe sich berechtigterweise kritisieren, so Kittler. Nur zu sagen, Bildungssenatorin Scheeres soll mal rasch was reparieren, sei indes argumentativ dünn. »Kai Wegner erfasst bei Weitem nicht die eigentlichen Schwerpunktaufgaben.«

In dieser Hinsicht sei Wegner allerdings nicht der Einzige in seiner Partei, ergänzt Kittler mit Hinweis auf CDU-Fraktionschef Burkard Dregger, der erst am Montag reichlich Spott auf sich gezogen hatte. Dregger hatte sich gewünscht, dass sich der Senat für die Entwicklung eines Medikaments zur Behandlung von Corona-Patienten einsetzt. Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) bedankte sich auf Twitter umgehend für den Hinweis und ließ Dregger wissen: »Okay, ich beauftrage das Medikament mal eben bei der Charité. Ist sicher weltweit noch niemand auf die Idee gekommen.«

Auch Linke-Politikerin Kittler muss lachen: »Das war ja wohl der Oberwitz der Nation. Aber das zeichnet die CDU in Berlin gegenwärtig aus.« Es ist eben Wahlkampf.

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