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Zu links retweetet
Weil er einen Tweet von Sea-Watch teilte, bekam ein Dozent der Hochschule der Bundespolizei in Lübeck Probleme.
Denunziationen von Rechtsaußen können massive Auswirkungen auf das private, aber auch das berufliche Leben haben. Diese Erfahrung musste jüngst auch Dr. Matthias Lemke machen. Seit 2018 lehrt der Dozent Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Grundrechte und Sicherheitspolitik an der Hochschule der Bundespolizei in Lübeck. Dazu bloggt er unter emergency.hypotheses.org über seine Forschungen, etwa zum Ausnahmezustand in repräsentativen Demokratien. In sozialen Medien ist Lemke privat unterwegs, hier teilt er vor allem Inhalte aus aktuellen gesellschaftlichen Debatten sowie solche, die sich für Bürgerrechte und eine Reform der Sicherheitsbehörden einsetzen. Das wurde ihm offenbar zum Verhängnis.
Anonyme Verfasser hatten an den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums Potsdam sowie an den Präsidenten der Bundespolizeiakademie Lübeck einen Beschwerdebrief über Lemke geschickt. In dem »nd« vorliegenden Schreiben werfen die Autoren dem Dozenten vor, »radikale und zum Teil polizeifeindliche Beiträge« geteilt zu haben. Konkret verweisen die Verfasser auf zwei Twitter-Beiträge, die von Lemke retweetet wurden: einen von der Linkspartei-Abgeordneten Martina Renner und einen von der Seenotrettungsorganisation Sea Watch. Renner lobte in ihrem Text antifaschistische Kollektive, die Wissen über die extreme Rechte sammeln, und benutzte den Hashtag »DankeAntifa«. Sea Watch verwies kritisch auf Äußerungen von CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer. Die Beschwerdeführer baten um »kritische Prüfung«.
Diese kam offenbar auch zu einem Ergebnis: »Ich habe heute lernen müssen, dass anonyme Kritik und Denunziation funktionieren«, schrieb Lemke jüngst auf Twitter und beendete damit dazu seine dortigen Aktivitäten. Weder er noch die Bundespolizeiakademie waren für Auskünfte zu erreichen. Solidaritätsbekundungen gab es etwa von dem Verein PolizeiGrün.
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