Debatte über Frankreichs Rolle in Afrika
Schon 50 Tote im Kampf gegen Djihadisten. Parlament in Paris soll über die Operation Barkhane debattieren
Zwei französische Unteroffiziere sind am Wochenende im Südwesten von Mali einem Angriff von islamistischen Terroristen zum Opfer gefallen. Anfang der Woche waren in der Region bereits drei Militärangehörige ums Leben gekommen, als ihr Panzerfahrzeug auf eine von den Terroristen gelegte Mine fuhr. Mit diesen fünf Soldaten innerhalb einer Woche erhöht sich die Zahl der französischen Militärs, die seit Beginn der Operation Barkhane 2013 ihr Leben ließen, auf 51. Dabei fiel am Wochenende mit der Feldwebelin Yvonne Huynh erstmals eine der 500 weiblichen Armeeangehörigen unter den insgesamt 5 100 dabei eingesetzten französischen Militärs. Nun fordern die linken Oppositionspolitiker Jean-Luc Mélenchon von der Bewegung La France insoumise und Fabien Roussel, der Nationalsekretär der Kommunistischen Partei, nicht nur, endlich eine Parlamentsdebatte zu diesem Thema anzuberaumen, sondern sie sind auch der Überzeugung, dass damit ein Rückzug aus Afrika eingeleitet werden sollte.
In Regierungskreisen wird erwogen, in Kürze die 600 Soldaten zurückzuholen, mit denen die französische Militärstreitmacht vor einem Jahr vorübergehend aufgestockt worden war. Damit hatte Präsident Emmanuel Macron auf den Wunsch nach einer Verstärkung des Kampfes gegen die islamistischen Terroristen reagiert, den auf dem französisch-afrikanischen Sahel-Gipfel im Januar 2020 in Pau die Staats- und Regierungschefs von Mali, Mauretanien, Burkina Faso, Niger und Tschad zum Ausdruck gebracht hatten. Diese fünf afrikanischen Länder sind Frankreichs Partner im Rahmen der Operation Barkhane. Sie verfolgt sowohl das Ziel, die bewaffneten Kräfte der islamistischen Terrororganisationen aufzuspüren und zu zerschlagen, als auch die Armeen der betroffenen afrikanischen Länder zu befähigen, diesen Kampf in Zukunft selbst zu führen.
Paris war bislang wenig erfolgreich mit der auf dem Gipfel von Pau bekundeten Absicht, den Kampf gegen den Terrorismus von Seiten Europas auf breitere Schultern zu verteilen. Seinerzeit hatten die Regierungen von Portugal, Belgien und den Niederlanden die Bereitschaft signalisiert, sich zu beteiligen, doch ist seitdem nichts Konkretes in dieser Richtung geschehen. Gegenwärtig führt Paris entsprechende Gespräche mit Estland, der Tschechischen Republik und Schweden, doch die wenigen hundert Soldaten, um die es dabei geht, werden in Afrika keine Wende bewirken.
Dort konnte das französische Militär in den zurückliegenden Monaten einige Erfolge verzeichnen, indem mehrere hundert Sjihadisten unschädlich gemacht wurden. Dagegen ist die Fähigkeit der afrikanischen Armeen, diese Rolle selbst zu übernehmen, nach wie vor völlig unzureichend. Es fehlt ihnen weniger an Militärtechnik, als an Ausbildung, Disziplin und Motivation. In Paris wachsen die Zweifel am entsprechenden politischen Willen der Partner. So wurde bekannt, dass sich die Regierung von Mali hinter dem Rücken Frankreichs um Verhandlungen mit den Djihadisten bemüht. »Frankreich verhandelt prinzipiell nicht mit Terroristen«, sagt dazu der Chef der Vereinigten Stäbe der französischen Streitkräfte, General François Lecointre. »Ob es zu Verhandlungen kommt, ist keine militärische, sondern eine politische Frage, und die stellt sich in erster Linie den afrikanischen Ländern selbst.« Man werde daraus entsprechende Konsequenzen ziehen, ließ er durchblicken.
Dies und der absehbare Abzug von 600 Militärs werden von politischen Beobachtern in Paris als Zeichen gewertet, dass Druck auf die afrikanischen Partner ausgeübt werden soll. Sie sollen endlich mehr für die eigene Sicherheit tun und sich nicht darauf verlassen, dass die ehemalige Kolonialmacht sie nicht im Stich lässt, weil sie nach wie vor erhebliche politische und wirtschaftliche Interessen in der Region hat. Dass der islamistische Terrorismus seine Opfer in erster Linie unter der afrikanischen Bevölkerung findet, zeigte sich einmal mehr am vergangenen Wochenende. Fast zur selben Stunde, als in Südmali die zwei französischen Unteroffiziere fielen, richteten nur wenige hundert Kilometer weiter islamistische Terroristen in zwei Dörfern im Südwesten von Niger ein Blutbad an. In dem einen Ort wurden 70 Menschen ermordet und in dem anderen 30, weil sie nicht bereit waren, sich am Kampf gegen die Regierungskräfte zu beteiligen.
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