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Stiftung soll Gas-Pipeline retten

Nordost-Landtag genehmigt Konstrukt mit dem Etikett »Klimaschutz«

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur zwei Punkte standen am Donnerstag auf der Tagesordnung einer Dringlichkeitssitzung, zu der die Landtagsabgeordneten kurzfristig ins Schweriner Schloss eingeladen waren. Erwartungsgemäß gab es eine Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zu den jüngsten Corona-Schutzmaßnahmen, und gleich danach ging es um die »Stiftung Klima- und Umweltschutz MV«. Hinter diesem Etikett verbirgt sich im Wesentlichen das Bemühen der Landesregierung, den Bau der elf Milliarden Euro teuren Erdgasleitung von Russland nach Deutschland allen Drohungen der USA zum Trotz vor dem Aus zu retten.

Der Gründung einer Stiftung, die in diesem Sinne arbeiten soll, hat der Landtag im Verlauf seiner Sondersitzung bei Enthaltung der AfD einmütig zugestimmt. Es wirkt fast schamhaft, wie die Staatskanzlei zuvor in einer Presseinformation das offensichtliche Hauptziel der neuen Einrichtung versteckt. Zeilenlang werden Klima- und Naturschutz als Zweck der Stiftung plakatiert, die Wissenschaft und Forschung und die Weiterbildung in jenen Bereichen fördern soll. Die Entwicklung von Speichertechnologien und »Lösungen zur Sektorenkopplung« stellt der Regierungsschrieb als Aufgaben vor, und es erscheint fast beiläufig, wie er schließlich verrät: »Über einen eigenen Geschäftsbetrieb kann die Stiftung einen Beitrag zur Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 leisten.«

Geleistet werden soll dieser Beitrag, indem die Stiftung wichtiges Material für die Pipeline kauft und dieses bereit hält, bis dass es die am Bau beteiligten Firmen benötigen und abholen. Dieses Verfahren, das Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel (SPD) vor der Presse als »Baumarktregal-Variante« bezeichnete, soll die Unternehmen vor US-Sanktionen schützen, weil sie nicht als Käufer auftreten. Hört sich an wie ein Trick. Ob er gelingt, ist offen. Das wissen auch Befürworter der Stiftung.

Ihr Vorsitzender soll der ehemalige Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) werden, der diese Aufgabe ehrenamtlich wahrnimmt. Ein Startkapital von 200 000 Euro pumpt das Land in die Stiftung, und zu ihrem Vermögen wird die beim Pipeline-Projekt federführende »Nord Stream 2 AG« zunächst 20 Millionen Euro beisteuern. Weitere kräftige Geldspritzen von dem Unternehmen sind zu erwarten.

Seitens der SPD/CDU-Regierungskoalition im Nordosten wird die Stiftung einhellig begrüßt. Jochen Schulte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Sozialdemokraten, betonte im Landtag: Ihr vorrangiger Zweck sei der Umwelt- und Klimaschutz, und eines der Ziele in diesem Zusammenhang, aber nicht das Einzige, sei die Fertigstellung von Nord Stream 2.

Diese Pipeline diene der Energiesicherheit in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und Europa, unterstrich die energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Mignon Schwenke. Nord Stream 2 sei fertigzustellen. Erpressungsversuchen und Drohungen der US-Administration müsse entschieden entgegengetreten werden, gab die Abgeordnete zu verstehen.

Der Stiftungsgründung entgegen tritt indes die Deutsche Umwelthilfe. Ihr Geschäftsführer, Sascha Müller-Kramer, bezeichnete das Konstrukt als »Tarnorganisation«, die nur dem Weiterbau der Pipeline diene. Regierungschefin Schwesig mache sich damit zur »Gaslobbyistin«. Dazu besitze sie »die Frechheit«, die Stiftung mit dem Begriff Klimaschutz zu verschleiern, obwohl diese die Klimakrise weiter anheize. »Das von Nord Stream 2 transportierte Erdgas stehe für 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr«, warnt der DUH-Chef.

Für die Grünen, die derzeit nicht im Schweriner Landtag vertreten sind, ist die Stiftung »eine Mogelpackung«, meint ihr Landesvorsitzender Ole Krüger. Die Absicht, Baumaterialien und Dienstleistungen einzukaufen und an die Bauherren für Nord Stream 2 »weiterzureichen« sei unsinnig und abenteuerlich.

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