Kooperativ statt konfrontativ

Grüne stellen Programm für Abgeordnetenhauswahl vor

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir backen keine kleinen Kekse, sondern bauen mehrere Bäckereien auf«, sagt Werner Graf, Co-Landeschef der Berliner Grünen am Dienstagvormittag. Es geht um den Entwurf des Programms der Partei für die im Herbst anstehende Abgeordnetenhauswahl. Für viele Berlinerinnen und Berliner werde die Abstimmung im Herbst die »wichtigste Wahl ihres Lebens«, ist Chefkollegin Nina Stahr überzeugt. Schließlich gehe es um nichts weniger als um die Zukunft, die Zukunft der Kinder und des Planeten. Etwas geerdeter geht es den Grünen um ein »noch nachhaltigeres, lebenswerteres und sozial gerechteres Berlin«, sagt Stahr bei der Online-Pressekonferenz.

Bei den »zentralen und großen Veränderungen«, Stichwort sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft, setzten die Grünen »auf eine Politik, die nicht nur konfrontativ ist, sondern auch Bündnisse schließt«, erklärt Werner Graf. »Das ist unser neuer Politikstil, keiner kann das besser vermitteln als Bettina Jarasch«, so Graf weiter.

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Jarasch ist die Spitzenkandidatin der Partei. Wegen der Pattsituation der Parteiflügel, auf der Realo-Seite vertreten durch Ramona Pop, die amtierende Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin ist, sowie auf dem linken Flügel mit Co-Fraktionschefin Antje Kapek, fiel die Wahl auf Jarasch. Entsprechend wurde Jarasch nicht ohne eine gewisse Ironie zur Brückenbauerin deklariert. Innerhalb und außerhalb der Partei.

Das kann dann auch ein bisschen beliebig wirken, wie bei ihrem Beitrag zur Debatte um einen weiteren Ausbau der U-Bahn. Bisher legten Grüne und Linke die Priorität eindeutig auf den Ausbau der Straßenbahn. Nur damit könnte schnell und in großen Teilen Berlins der Öffentliche Personennahverkehr verbessert werden. Es gebe »Lückenschlüsse, wo eine Verlängerung der U-Bahn sinnvoll sein kann«, sagt Jarasch am Dienstag.

Seit Wochen erklärt sie das. »Wir wollen diese Verkehrsmittel um Gottes willen nicht gegeneinander ausspielen. Die Trambahn bleibt ein ganz wichtiges Element, weil sie schneller gebaut werden kann und mehr Haltestellen im Quartier hat«, erklärt sie auf Nachfrage. Und dass es für den Ausbau mehr Geld brauche. Das Wort »City-Maut« kommt ihr dabei nicht über die Lippen. Stattdessen: »Wir sind aber bereit, über Wege zu reden und, wenn es bessere Vorschläge gibt, in den Dialog zu gehen.«

Nicht ganz unschuldig an der Vermeidung von Konfliktpotenzial dürfte Jaraschs neuer Sprecher Markus Kamrad sein. Sechs Jahre, bis Ende 2016, arbeitete er für die Lobbyagentur Joschka Fischer & Company des ehemaligen Grünen-Vizekanzlers.

Immerhin bekennt sich Jarasch dazu, den Straßenraum neu aufzuteilen: »Das ist eine ganz banale Einsicht, wenn wir eine Verkehrswende hinbekommen wollen, wo mehr Platz für Fahrräder und auch zum Leben ist.«

In der Wohnungspolitik soll auch nach dem Ende des Mietendeckels der Regulierungskurs fortgeführt werden. »Einfach verstetigen« könne man den Mietendeckel nicht, sagt Jarasch. »Auf Grundlage eines Mietenkatasters wollen wir aber weitergehende Regelungen.« Auch einen Gewerbemietendeckel wollen die Grünen. Die Realisierungschancen auf Landesebene gehen allerdings realistisch betrachtet gegen null. Insgesamt zeigt der wohnungspolitische Kurs die Handschrift des linken Friedrichshain-Kreuzberger Kreisverbandes. Auch das vom dortigen Baustadtrat Florian Schmidt ausgegebene Ziel, mindestens die Hälfte des Wohnungsbestandes in gemeinwohlorientierte Hände zu bekommen, findet sich im Wahlprogramm. Damit positioniert sich die Partei links von der SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey.

Ganz konkret wollen die Grünen in der nächsten Legislaturperiode auch einen Untersuchungsausschuss zur rechten Terrorserie in Neukölln einsetzen. Die zur Willkommensbehörde umgetaufte Ausländerbehörde soll von der Zuständigkeit der Innenverwaltung zu jener der Integrationsverwaltung wechseln.

»Für uns ist üblich, dass wir in Umfragen super sind und am Wahlabend nicht so gut. Das wird dieses Mal nicht so sein«, sagt Bettina Jarasch. »Ich möchte mich als erste grüne Regierende Bürgermeisterin für die Klimawende einsetzen.«

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