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Kein Fördergeld für Rechtsaußen
Bildungsstätte Anne Frank fordert mit einer Kampagne die Einführung eines Stiftungsgesetzes
Es klingt politisch völlig harmlos, wie sich die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) selbst beschreibt: »Wir setzen uns für die Förderung des demokratischen Staatswesens und die Vermittlung staatsbürgerlicher Bildung ein«, heißt es auf der Website der DES. Die Rede ist von einer »Rückbesinnung auf das Grundgesetz« und der »Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens«. Doch von solchen Worten dürfe sich die Öffentlichkeit nicht blenden lassen, warnt Saba-Nur Cheema, pädagogische Leiterin der Bildungsstätte Anne Frank. Sie sagt: Die Erasmus-Stiftung sei dazu da, »menschenfeindlichen Positionen einen intellektuellen Anstrich« zu geben.
Die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main startete deshalb am Donnerstag eine Kampagne, um über die Hintergründe und das Weltbild der AfD-nahen Stiftung aufzuklären. »Als Institution, die sich seit Jahrzehnten für die historisch-politische Bildung einsetzt, bereiten uns die geschichtsrevisionistischen Positionen der AfD-nahen Erasmus-Stiftung schon seit Längerem große Sorgen«, erklärt Cheema.
Dass die Kampagne »Der Stiftungstrick der AfD« ausgerechnet zu Beginn des Superwahljahres über die DES aufklären will, hat einen gewichtigen Grund. Gelingt der AfD im September der Wiedereinzug in den Bundestag, würden auch ihrer parteinahen Stiftung nach den gängigen Regeln staatliche Fördermittel zustehen. Der Topf für politische Stiftungen im Bundeshaushalt ist üppig gefüllt und beträgt aktuell mehr als 580 Millionen Euro jährlich. Bisher fließen die Gelder abhängig von den Wahlergebnissen an die sechs anerkannten Stiftungen von CDU, CSU, FDP, SPD, Grünen und Linkspartei. Nach der Bundestagswahl könnten es auch bis 70 Millionen Euro für die Erasmus-Sitftung sein, schätzt die Bildungsstätte Anne Frank. Mit den Fördermitteln werden neben Veranstaltungen und wissenschaftlicher Forschung auch Auslandsbüros und Stipendien finanziert.
Ein zentrales Problem aus Sicht der Initiative: Bisher ist die Vergabe von staatlicher Unterstützung an parteinahe Stiftungen kaum an inhaltliche Regeln geknüpft. Die Bildungsstätte arbeitet deshalb gemeinsam mit Rechtsexperten an einem Entwurf für ein Stiftungsgesetz, dass die Vergabe staatlicher Fördermittel an die Verfassungstreue einer Organisation knüpfen soll. Nach Auffassung der Bildungsstätte Anne Frank gibt es »starke Anhaltspunkte für eine Verfassungsfeindlichkeit« der DES, so Cheema. Dessen Führungspersonal sei alles andere als harmlos. »Neben der Vorsitzenden Erika Steinbach tummeln sich in Vorstand und Kuratorium Rassentheoretiker und Verschwörungsideologen, völkische Pseudowissenschaftler und knallharte Rechtsextreme aus dem Umfeld der Identitären Bewegung und des Antaios-Verlags von Götz Kubitschek«, warnt Cheema.
Auf einer Website zur Kampagne werden Äußerungen von Mitgliedern des 30-köpfigen Stiftungsvorstandes aufgelistet, die die menschenfeindliche Ausrichtung belegen sollen, darunter auch von AfD-Politikern wie dem sächsischen Landtagsabgeordneten Sebastian Wippel oder des Bundestagsabgeordneten Marc Jongen, bekannt als AfD-Parteiphilosoph. Wo Desiderius-Erasmus-Stiftung draufstehe, sei die AfD mit ihren völkischen und menschenfeindlichen Positionen drin, so Cheema.
Um auf die Gefahr für die pluralistische Gesellschaft durch die DES aufmerksam zu machen, hat sich die Bildungsstätte namenhafte Unterstützer gesucht. Neben dem Kabarettisten Max Uthoff und der Seenotretterin Carola Rackete steht auch der CDU-Politiker Ruprecht Polenz hinter der Initiative. »Es ist gerade die Aufgabe von Konservativen, eine klare Grenze gegenüber Rechtsextremen zu ziehen«, sagt der frühere CDU-Generalsekretär. Genau diese Abgrenzung versuche die DES gezielt zu verwischen. Auch Polenz wirbt für ein Stiftungsgesetz, das konkrete Vergabekriterien für staatliche Fördermittel enthalten müsse. Auf absehbaren Widerstand seitens der AfD müsse man gelassen reagieren. »Die AfD wird sich zum Opfer stilisieren.« Doch auf diese Narrativ dürfe keine Rücksicht genommen werden, so Polenz.
Ohnehin ist das Verhältnis der Rechtsaußenpartei gegenüber Parteistiftungen und deren Finanzierung widersprüchlich. Als die AfD 2018 die DES als parteinah anerkannte, gab es vielfach Stimmen, auf solch einen Schritt zu verzichten. Im Grundsatzprogramm der Partei ist bei politischen Stiftungen von einer »verdeckten Parteienfinanzierung« die Rede, die »gänzlich aus dem Ruder gelaufen« sei. Auf die finanzielle Förderung will aber weder die AfD noch die Erasmus-Stiftung verzichten. Im Gegenteil gab es sogar Versuche, vorzeitig in den Genuss der staatlichen Finanzierung zu kommen. Im Sommer 2020 klagte die AfD erfolglos vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das formal zuständige Bundesinnenministerium, einen ähnlichen Versuch unternahm die Erasmus-Stiftung bereits ein Jahr zuvor.
Dass die AfD mit ihrer Klage scheitern würde, war abzusehen, gibt es doch ein älteres Karlsruher Urteil, dass die Förderung parteinaher Stiftungen regelt. Demnach sollen »alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen« vom Staat unterstützt werden. Was das heißt, legten 1998 die damals bereits von einer staatlichen Förderung profitierenden Stiftungen in einer Erklärung fest. Entscheidendes Kriterium ist demnach eine wiederholte Vertretung im Bundestag. Ob dies künftig der einzige Maßstab bleibt, wird sich zeigen.
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