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»Zu viele Ausnahmen«
Robert-Koch-Institut für weitere Lockdown-Verschärfungen
Seit November befindet sich Deutschland in verschiedenen Varianten eines Lockdowns. Einem leichten zu Beginn, einem folgenden härteren und letztlich nun einem noch härteren. Der aus Sicht des Robert-Koch-Instituts (RKI) aber immer noch nicht hart genug zu sein scheint, um das Corona-Infektionsgeschehen effektiv unter Kontrolle zu bekommen und vor allem dazu geeignet ist, auch mit den vermutlich ansteckenderen Varianten des Coronavirus fertig zu werden. »Diese Maßnahmen, die wir jetzt machen - für mich ist das kein vollständiger Lockdown, es gibt immer noch zu viele Ausnahmen«, erklärte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag.
Wieler zeigte sich auch besorgt über eine mögliche Ausbreitung der neuen Coronavirus-Varianten in Deutschland. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Mutationen aus Großbritannien und Südafrika auch hierzulande durchsetzen: »Es besteht also die Möglichkeit, dass sich die Lage noch verschlimmert.« Die bisher registrierten Fälle der neuen Virusvarianten seien von Reisenden nach Deutschland gebracht worden, erklärte Wieler und appellierte, auf nicht erforderliche Reisen zu verzichten. Ebenso forderte Wieler die Bevölkerung - zum wiederholten und wohl nicht letzten Male während der Pandemie - auf, sich weiter an die Schutzmaßnahmen zu halten: »Die konsequente Umsetzung der Maßnahmen ist wichtiger denn je.«
Laut RKI schränkten sich die Bürger und Bürgerinnen aktuell deutlich weniger in ihrer Mobilität ein als im ersten Lockdown. So habe sich an den Sonntagen im Dezember gezeigt, dass die Menschen viel häufiger unterwegs gewesen seien als im Frühjahr 2020. Die Mobilität sei immer noch zu hoch. Zudem forderte Wieler Unternehmen auf, noch mehr Homeoffice zu ermöglichen. RKI-Epidemiologe Dirk Brockmann erklärte, es sei eine »totale Konsensaussage« aller Modellberechnungen, dass die Lockdownmaßnahmen weiter verschärft werden müssten, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Auch Wieler befürwortete eine Verschärfung als »Option«. Dennoch zeigte sich Wieler zuversichtlich, dass das Coronavirus im Jahresverlauf durch die Impfungen in den Griff zu bekommen sei. »Am Ende dieses Jahres werden wir diese Pandemie kontrolliert haben.«
Bisher läuft die Impfkampagne allerdings noch nicht ganz rund. Neben der knappen Mengen an Impfstoff und organisatorischen Problemen besteht auch noch eine gewisse Skepsis in Teilen der Bevölkerung gegenüber den Vakzinen. Über auftretende Nebenwirkungen sammelt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Informationen. Bisher habe das bundeseigene Institut keine Hinweise darauf, dass diese vermehrt aufträten, bis Sonntag seien ihm 325 Verdachtsfälle gemeldet worden, teilte das PEI am Donnerstag mit. 51 Fälle davon seien als schwerwiegend einzuschätzen. Die Werte seien konsistent zu den Daten aus den klinischen Zulassungsstudien und zudem statistisch unauffällig. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Impfungen gehören demnach insbesondere Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen oder Müdigkeit. Laut Zulassungsstudien treten diese insbesondere nach der zweiten Impfdosis auf.
Nach Angaben des PEI wurden bis Donnerstag zehn Todesfälle nach Impfungen gemeldet, man gehe aber nicht davon aus, dass ein Zusammenhang bestand. Es habe sich um Patienten mit »gravierenden Grunderkrankungen« gehandelt, die sich teilweise sogar bereits in Palliativbehandlung befunden hätten. Das PEI gehe aufgrund aller bislang vorliegenden Informationen davon aus, dass diese Menschen »an ihren Grunderkrankungen in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung« verstorben seien. Mit Agenturen
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