Bundesgerichtshof stärkt die Rechte der Mieter
Mietrechtsurteile im Überblick
Zu einer Betriebskostenabrechnung können Mieter Einsicht auch in die Zahlungsbelege verlangen. Das entschied der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 118/19) und gab damit einem Mieter in Berlin Recht.
Die Vermieterin hatte Ende Oktober 2014 eine Betriebskostenabrechnung für 2013 vorgelegt und eine Nachzahlung in Höhe von 1262 Euro verlangt. Auf Anforderung gewährte sie Einsicht in die zugrunde liegenden Rechnungen, nicht aber in die Zahlungsbelege.
Doch auch dies kann der Mieter verlangen, urteilte der BGH. »Zu den Abrechnungsunterlagen, auf die sich das Einsichtsrecht des Mieters bezieht, gehören neben den Rechnungen auch die dazugehörigen Zahlungsbelege über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten«, so der BGH. Denn nur so könne der Mieter überprüfen, ob die in Rechnung gestellten Beträge berechtigt seien.
Ausdrücklich betonten die Karlsruher Richter, dass Mieter hierfür nicht ein »besonderes Interesse« darlegen müssen. Das allgemeine Interesse, die Abrechnung überprüfen zu wollen, reiche aus. Dass auch die Zahlungsbelege manipuliert sein könnten, ändere daran nichts. Hier seien seit dem Ablauf des Abrechnungsjahres bereits fast zehn Monate vergangen gewesen. Es sei daher auch zu vermuten, dass die Vermieterin die in diesem Jahr erhaltenen Rechnungen auch bereits bezahlt hat. Auf die Art der Abrechnung, etwa bei den Heizkosten, komme es nicht an. Das Einsichtsrecht beziehe sich auf alle danach relevanten Rechnungen und Zahlungsbelege. AFP/nd
Untervermietung bei Tätigkeit im Ausland
Bei einem Mietverhältnis bedarf es grundsätzlich der Zustimmung zur Untervermietung.
Der Mieter darf nicht ohne Kenntnis und Erlaubnis des Vermieters die Wohnung einem Dritten überlassen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Mieter nur einen Teil der Wohnfläche an einen Dritten überlassen will. In diesem Fall kann der Mieter allerdings unter bestimmten Voraussetzungen vom Vermieter die Zustimmung verlangen.
Um einen solchen Anspruch ging es in der Entscheidung des Amtsgericht Tempelberg-Kreuzberg (Az. 3 C 234/19), auf die die AG Mietrecht und Immobilien vom Deutschen Anwaltsverein (DAV) verweist.
In dem Fall verweigerte der Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung, nachdem der Mieter mitgeteilt hatte, dass er für zwei Jahre in der Mongolei eine Gastdozententätigkeit übernehme. Der Vermieter berief sich insbesondere darauf, dass die von ihm verlangten Belege nicht vorgelegt wurden, wie z.B. offiziellen Dokumente, Visa und Aufenthaltsgenehmigungen.
Das Gericht stellte fest, dass dem klagenden Mieter ein Anspruch auf Gestattung der Untervermietung eines Teils seiner Wohnung zusteht. Es seien hier die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, der Mieter kann ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung darlegen. Da es sich um eine mieterschützende Vorschrift handelt, ist jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichen Gewicht anzuerkennen.
Hier hat der Mieter nach Auffassung des Gerichts genügend Unterlagen beigebracht, um glaubhaft zu machen, dass er für zwei Jahre einen beruflich bedingten Auslandsaufenthalt wahrnimmt und daher die Wohnung untervermieten möchte. Die vorgelegte Bestätigung der Hochschule reiche aus, auch die nachvollziehbare Berechnung, dass der Mieter aus wirtschaftlichen Gründen und der doppelten Haushaltsführung auf die Untervermietung angewiesen sei.
Weitere Nachweise seien gerade nicht erforderlich, vielmehr müsste der Vermieter jetzt diesen glaubhaft vorgetragenen Gründen im Einzelnen entgegentreten. Wenn er dies nicht kann, muss er seine Zustimmung erteilen. Das Klageverfahren wurde zu Gunsten des Mieters entschieden. DAV/nd
Untermieter auf Schadenersatz verklagt
Wenn ein Untermieter seinen Teil der Wohnung nach dem Tod des Hauptmieters nicht räumt, kann der Eigentümer Schadenersatz in Höhe der entgangenen Miete für die ganze Wohnung verlangen.
Es sei davon auszugehen, dass der Vermieter die Wohnung im Regelfall nur als Einheit weitervermieten könne, begründete der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 26/20) sein Urteil.
Es ging um ein sieben Quadratmeter großes Zimmer, das der Beklagte vom Hauptmieter einer insgesamt 107 Quadratmeter großen Wohnung untervermietete. Als der Hauptmieter Ende 2014 starb, forderte der Vermieter den Untermieter zum Auszug in einer bestimmten Frist auf. Da dieser die Wohnung nicht freigab, verklagte er ihn erfolgreich auf Räumung. Im Oktober 2017 wurde zwangsgeräumt.
Die Erbin des mittlerweile verstorbenen Vermieters verklagte den Untermieter nach dessen Auszug auf Schadenersatz von insgesamt 2170 Euro. Das entspricht der möglichen Miete für die ganze Wohnung zwischen März und September 2016 - mindestens 310 Euro im Monat.
Der BGH wies die Revision zurück. Für die Vermieter wäre es unzumutbar, Entschädigung nur in Höhe der Miete für das eine Zimmer zu bekommen statt für die ganze Wohnung. AFP/nd
Überwachungskamera ist nicht zulässig
Bei einer Überwachungskamera an der eigenen Hauswand muss der Blick auf das Grundstück der Nachbarn ausgeschlossen sein.
Schon die Möglichkeit, die Kamera auch auf die Nachbarn zu richten, löst einen »Überwachungsdruck« aus, den die Nachbarn nicht hinnehmen müssen, wie das Landgericht Frankenthal (Az. 2 S 195/19) entschied.
Im konkreten Fall geht es um seit Jahrzehnten erbittert zerstrittene Nachbarn im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim. Weil einer der Nachbarn befürchtete, dass der andere unbefugt sein Grundstück betreten könnte, montierte er an seiner Giebelwand eine Videokamera.
Der Nachbar klagte und hatte wie schon vor dem Amtsgericht Neustadt nun auch vor dem Landgericht Frankenthal Erfolg. Eine Kamera sei nur zulässig, wenn die Überwachung auf das eigene Grundstück beschränkt ist. Eine Anlage, die einen Blick auch zu den Nachbarn ermögliche, verletze dagegen deren Persönlichkeitsrecht.
Ob hier die Kamera tatsächlich zu den Nachbarn ausgerichtet war, ließ das Landgericht offen. Jedenfalls wäre es »ohne großen Aufwand möglich gewesen, die Blickwinkel in Richtung des Nachbargrundstücks zu lenken und dieses zu überwachen«. Schließlich sei es ja auch das Ziel gewesen, sich wegen des jahrelangen Streits »vor den Nachbarn zu schützen«.
»Einen solchen Überwachungsdruck müssen die Nachbarn nicht hinnehmen«, urteilte das Landgericht. Danach kann der Nachbar verlangen, dass die Kamera entfernt und auch künftig keine neue installiert wird.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hatte bereits 2014 entschieden, dass private Überwachungskameras auch nicht den öffentlichen Straßenraum erfassen dürfen. Ausnahmen sind danach nur mit Zustimmung der Datenschutzbehörden zulässig. AFP/nd
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