- Politik
- Gewalt gegen Frauen
Die Zahl der Femizide steigt
In Juárez wird jeden zweiten Tag eine Frau ermordet
Anfang der 90er Jahre brachten Akademikerinnen in Ciudad Juárez den Begriff »Femizid« in Umlauf, um der neuen Art von Verbrechen, die heute weltweit geläufig sind, einen Namen zu geben. Damals wurden Industriearbeiterinnen der Montagefabriken an der Grenze zu den USA systematisch entführt, vergewaltigt und hingerichtet.
Im Jahr 2009 wurde der mexikanische Staat im »Fall des Baumwollfeldes« vom Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof für schuldig gesprochen, eine Aufklärung von acht Morden an Frauen im November 2001 aktiv vereitelt zu haben. In den vergangenen 28 Jahren wurden nur wenige der bislang schätzungsweise 2200 Femizide in der nordmexikanischen Metropole aufgeklärt. Insbesondere in den Zeiten des sogenannten Drogenkrieges und der militärischen Besetzung von Ciudad Juárez ab dem Jahr 2008 stieg die Zahl der Frauenmorde stark an.
Stets gab es aber auch eine entschlossene Zivilgesellschaft, die sich dem Femizid entgegenstellte. Nach der Organisierung von Müttern verschwundener und ermordeter Frauen in den 90er Jahren sorgte die Ermordung von Marisela Escobedo 2010 für Schlagzeilen, die unermüdlich Gerechtigkeit für ihre Tochter Rubí Frayre forderte und auf eigene Faust deren flüchtigen Mann und Mörder suchte. Im Jahr 2011 wurde in Ciudad Juárez die Poetin Susana Chávez ermordet, nachdem sie die politische Kampfansage »Ni una más« (Nicht eine mehr) geprägt hat, die noch immer in ganz Lateinamerika zu hören ist.
Obwohl die Mordrate in der Stadt ab 2013 insgesamt abgenommen hat, stiegen die der Femizide in Ciudad Juárez ab dem Jahr 2015 noch weiter an. Zu einem gesellschaftlichen Aufbegehren kam im April 2019, als die 18-jährige Studentin Dana Lozano direkt hinter dem Universitätscampus von ihrem Ex-Freund ermordet wird. Der Fall der jungen Künstlerin und Aktivistin Isabel Cabanillas ging im Januar 2020 sogar um die Welt. Er war einer von 186 Frauenmorden im letzten Jahr in der Industriemetropole. Damit führt Ciudad Juárez die Liste der Städte mit den meisten Femiziden in Mexiko an.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!