Weiteres Urteil gegen rechte Gruppe Freital
Freiheits- und Bewährungsstrafen für drei Neonazis
Im zweiten Prozess gegen die rechtsterroristische »Gruppe Freital« sind am Donnerstag drei Männer und eine Frau vom Oberlandesgericht Dresden zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der Angeklagte Sebastian S. muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats, Hans Schlüter-Staats, begründete dies mit der »mitgliedschaftlichen Beteiligung« an einer terroristischen Vereinigung in vier Fällen sowie dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Sachbeschädigung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Az: 4 St 1/20).
Gegen die drei anderen Angeklagten verhängte der Senat wegen Mitgliedschaft und in einem Fall wegen Unterstützung der Vereinigung Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Dem zu zweieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilten Mann stellte der Senat in Aussicht, die Möglichkeit eines offenen Strafvollzugs zu unterstützen, falls diese erwogen würde. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass die Taten vor fünfeinhalb Jahren begangen wurden und sich die Einstellung des Angeklagten glaubwürdig geändert habe. Zudem konnte ihm die Tatbeteiligung in einem Fall nicht nachgewiesen werden. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte für den Mann eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten gefordert.
In der Urteilsbegründung bescheinigte Schlüter-Staats der Gruppe erhebliche Gewaltbereitschaft. Ihre Taten basierten auf einer »weitgehend rassistisch grundierten Fremdenfeindlichkeit«. Sie sei geplant vorgegangen und »unzweifelhaft eine terroristische Vereinigung«. Es habe die »grundsätzliche Bereitschaft« gegeben, Sprengstoffanschläge zu begehen, um die Bevölkerung einzuschüchtern, politische Strukturen erheblich zu beeinträchtigen und den Staat zu schädigen. Anfängliche Hemmungen, gegen bewohnte Unterkünfte vorzugehen, seien immer weiter gefallen, so Schlüter-Staats.
Die drei Männer und eine Frau im Alter von 27 bis 53 Jahren standen seit September vor Gericht. Prozessgegenstand waren unter anderem Sprengstoffanschläge auf eine Asylbewerberunterkunft in Freital und das Parteibüro der Linken 2015 sowie auf das Auto des damaligen Freitaler Linke-Stadtrates Michael Richter. Beim Anschlag auf die Geflüchtetenunterkunft war ein Bewohner durch Glassplitter verletzt worden. Acht Mitglieder der Gruppe waren 2018 unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung zu Freiheitsstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt worden.
Das aktuelle Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl den Angeklagten als auch der Generalstaatsanwaltschaft und in Teilen den Nebenklägern steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche eingelegt werden muss. Der Verteidiger des Verurteilten Sebastian S., Ronald Mayer, will nach eigenen Angaben eine Revision prüfen. Er hatte für seinen Mandanten eine Bewährungsstrafe gefordert.
Seit September 2020 läuft vor dem OLG noch ein weiterer Prozess gegen mutmaßliche Unterstützer der Gruppierung. epd/nd
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