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Diversifizierung mit Sputnik V
Der russische Covid-19-Impfstoff wird inzwischen auch in Deutschland begehrt
Wird in absehbarer Zeit der russische Corona-Impfstoff Sputnik V auch in Sachsen-Anhalt produziert? Laut einem MDR-Bericht verhandelt der Hersteller mit dem Unternehmen IDT Biologika in Dessau-Roßlau über mögliche Produktionskapazitäten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestätigte am Mittwoch, in Gespräche involviert zu sein, und sagte: »Wir können ja auch Unterstützung geben für die Produktion eines Impfstoffes, der in Europa noch gar nicht oder gar nicht zugelassen ist.«
Schon in den vergangenen Tagen gab es von der Bundesregierung und auch der EU-Kommission Signale eines Umdenkens in Sachen Impfstoffe. Bei der gemeinsamen Bestellung hatte man weitgehend auf EU-Hersteller gesetzt. Impfstoffe aus China oder Russland waren Tabu. Wegen der Lieferprobleme bei Biontech und Astra-Zeneca sowie der noch nicht absehbaren Zulassung der Impfstoffe von Curevac und Sanofi stellt sich dies nun als Fehler heraus. Wurde im Sommer/Herbst 2020 vielleicht sogar aus außenpolitischen Gründen so entschieden? Experten fühlten sich an das Jahr 1961 erinnert, als die BRD-Regierung nach einem Polio-Ausbruch ein Angebot der DDR über Impfstofflieferungen ausschlug.
Was Sputnik V angeht, sprachen aber auch fachliche Gründe für dieses Vorgehen. Virologen wiesen auf mangelnde Transparenz hin. Die viel zu frühe Notfallzulassung im August in Russland und der Name Sputnik V, der an die Raumfahrterfolge der UdSSR anspielt, wurden als außenpolitische PR-Aktion aufgefasst. Eigentlich heißt der Impfstoff auch ganz anders: Gam-Covid-Vac, eine Abkürzung für Covid-19-Impfstoff des Gamaleja-Instituts für Epidemiologie und Mikrobiologie. Die Einrichtung, deren Ursprünge bis 1891 zurückreichen, hat lange Erfahrung mit der Entwicklung von Impfstoffen, zuletzt gegen das mit Sars-CoV-2 verwandte Mers-Virus. Sputnik ist ebenfalls ein Vektorimpfstoff, der harmlose Viren in die menschlichen Zellen einschleust, woraufhin diese die gewünschten Antigene produzieren.
Die Einschätzung zu Sputnik V im Westen hat sich geändert, seit russische Wissenschaftler in dieser Woche im Fachblatt »The Lancet« Zwischenergebnisse der Phase-III-Testphase mit 20 000 Probanden veröffentlichten. Diese weisen auf eine hohe Wirksamkeit von 91,6 Prozent hin, was deutlich über den Werten des Vektorimpfstoffs von Astra-Zeneca liegt. Außerdem gab es offenbar nur in wenigen Fällen schwere Nebenwirkungen, die zudem nicht auf den Impfstoff zurückzuführen waren.
Auch die Bundesregierung springt über ihren außenpolitischen Schatten und hält den Einsatz von Sputnik V für denkbar. Der Antrag auf Zulassung ist zwar bereits Ende Januar bei der EU-Arzneimittelagentur gestellt worden, die die eingereichten Unterlagen zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen prüft. Das braucht Zeit, auch wenn viel Druck auf den Experten lastet, übereilt zu entscheiden.
Schnell wird Sputnik V also die Knappheit hierzulande nicht beenden können. Und wie sieht es mit den Mengen aus? Ein Blick nach Russland verheißt wenig Gutes. Über fünf Monate nach der Notfallzulassung sind dort weit unter ein Prozent je 100 000 Einwohner geimpft; in Deutschland, wo seit sechs Wochen geimpft wird, gut drei Prozent. Größere Impfkampagnen gab es bisher nur in wenigen Regionen wie dem Großraum Moskau. Das liegt wohl an der großen Impfskepsis. Umfragen zufolge wollen sich nur etwa 40 Prozent der Russen pieksen lassen. Doch offenbar fehlt es auch an Produktionskapazitäten. Vor wenigen Tagen wurde eine Bestellung nach Argentinien geflogen, doch statt der bestellten 600 000 waren nur 220 000 Impfdosen an Bord. Wegen Lieferengpässen, so die russischen Behörden, werde es weitere Verzögerungen von bis zu drei Wochen geben.
Die Nachfrage ist nämlich riesig. Rund 20 Länder haben Sputnik V bereits zugelassen, fast täglich kommen neue hinzu. Bestellungen gibt es nicht nur aus den GUS-Staaten, sondern auch aus Bolivien, Iran, Algerien oder dem EU-Land Ungarn. Die globale Vermarktung ist mit der Hoffnung verbunden, neue Produktionskapazitäten zu bekommen. Dies läuft bisher eher mau, gelang aber in Südkorea und Indien. Die deutsche IDT Biologika wird hier nicht viel beisteuern können; die Biotechfirma ist mit Biontech vergleichbar, das nur dank Kooperation mit dem Pfizer-Konzern große Mengen herstellen kann.
Außerdem ist auch Sputnik nicht das Wundermittel per se. »Um die Covid-19-Pandemie zu stoppen, muss es verschiedene Impfstoffe geben, die auf unterschiedlichen Wirkmechanismen basieren«, erläutert Denis Logunow vom Gamaleja-Institut in Moskau. Sputnik V trage zur Diversifizierung bei.
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