Meinungsfreiheit ist frei, oder es ist keine Freiheit

Martin Ling zur Debatte in der Linkspartei zu Kuba

Man kann, wie Ulla Jelpke in der »jungen Welt« es macht, aus der Ferne das Movimiento San Isidro(MSI) über den Rapper Denis Solís diskreditieren: Ein Unsympath, der für alle steht. Man kann das Movimiento San Isidro aber auch so beschreiben, wie es Kubas renommiertester Filmregisseur der vergangenen Jahrzehnte machte, der nach wie vor in Havanna lebende Fernando Pérez. Er hat sich die Sache aus der Nähe angeschaut: »Am Abend des 27. November spürte ich, dass ich in die Zukunft reiste. Auf dieser Reise, auf der ich die jungen Künstler und Künstlerinnen bei ihrem Protest vor dem Kulturministerium begleitete, teilte ich mit ihnen einen Raum, der offen, inklusiv, divers und pluralistisch war. Diese Jungen nahmen so ein Kuba vorweg, von dem viele Kubaner und Kubanerinnen (aller Generationen) geträumt haben und immer noch träumen. Es war eine politische Manifestation, aber sie manifestierte sich als poetischer Akt, gewaltlos, mit Liedern und Gedichten, sensibel und reflektierend. Und sie äußerte sich in einer neuen Sprache, die schon seit geraumer Zeit nicht zu überhören ist.«

Solís gehört fraglos zum MSI, aber er repräsentiert es nicht. Peréz bringt es auf den Punkt: »Nicht alle Teilnehmer dachten gleich, nicht alle teilten dieselben Ausdrucksformen, aber alle anerkannten das Recht aller, ihre Ideen und Überzeugungen frei ausdrücken zu dürfen.« Was die Teilnehmer dieser heterogenen Proteste einte, ist die zentrale Forderung nach freier Meinungsäußerung in unabhängigen Räumen.

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Für Fernando Pérez, an dessen bekanntesten Film »Das Leben, ein Pfeifen« sich der ein oder andere erinnern mag, steht fest: »Die Meinungsfreiheit ist frei, oder es ist keine Freiheit.« Faschismus ist bekanntlich keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das ist eine Binsenweisheit, ähnlich derer, die sich im Beschluss des Parteivorstandes der Linkspartei zu Kuba finden: »Menschenrechte sind universell, sie gelten für jede und jeden – überall! Wir treten ein für eine Fortsetzung des Dialogs in Kuba mit kritischen Künstlerinnen und Künstlern sowie Aktivistinnen und Aktivisten zur Demokratisierung der kubanischen Gesellschaft.« Was kann an der Forderung nach Dialog verwerflich sein? Mit Menschen, von denen der 76-jährige Kubaner Pérez, der sich wie fast alle Kubaner freut, dass die Trump-Regierung Geschichte ist, sagt: »Ich bin überzeugt, dass die jungen Künstler und Künstlerinnen – und die Jungen ganz allgemein – mit ihrer Unzufriedenheit und ihrer Kreativität, mit ihren Irrtümern und ihren Entdeckungen, mit ihren Widersprüchlichkeiten und Überzeugungen ihren Beitrag zu Diversität und zu notwendigen Veränderungen leisten. Denn wie ein Weiser sagte: ›Nichts ist ewig außer der Veränderung.‹«

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