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Linke strebt Mobilitätsrevolution an
Klimagerechtigkeit und Sozialpolitik sind Schwerpunkte des Programmentwurfs für die Bundestagswahl
Die Linkspartei will mit altbewährten Themen in den Bundestagswahlkampf ziehen. Am Montag präsentierten die Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger vor Journalisten in Berlin den Entwurf des Vorstands für das Wahlprogramm. Der Text steht unter dem Motto: »Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit«. Kipping erklärte, dass nach dem Willen ihrer Partei künftig niemand in der Bundesrepublik unter 1200 Euro fallen dürfe. »Anstelle von Hartz IV wollen wir ein garantiertes Mindesteinkommen und eine sanktionsfreie Mindestsicherung einführen. Hinzu kommen eine Mindestrente und eine Kindergrundsicherung, denn jedes Kind ist gleich viel wert«, sagte die Parteichefin.
Armut droht den Menschen nicht nur wegen geringer Einkommen, sondern auch wegen überhöhter Mieten. Diese steigen in einigen Großstädten rasant. Um diesen Trend aufzuhalten, will die Linkspartei den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau mit zehn Milliarden Euro im Jahr stärken. »Wir wollen ein besseres Vorkaufsrecht der Kommunen und einen Rekommunalisierungsfonds« erläuterte Kipping. Mietwucher-Konzerne wie beispielsweise Vonovia und Deutsche Wohnen müssten vergesellschaftet werden.
Der Programmentwurf ist auch eine Antwort auf die gegenwärtige Coronakrise. Kipping sprach sich für die Einstellung von 200 000 zusätzlichen Pflegekräften aus. Es solle eine gesetzliche Personalbemessung eingeführt und 500 Euro mehr Grundgehalt gezahlt werden, um den Beruf attraktiver zu machen. »Krankenhaus- und Pflegekonzerne müssen von der Börse genommen und in die öffentliche Hand überführt werden«, forderte Kipping.
Auch insgesamt sollen die Löhne steigen. Bernd Riexinger nannte einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro in der kommenden Legislaturperiode als Ziel. Zum Jahresbeginn war der gesetzliche Mindestlohn auf gerade einmal 9,50 Euro brutto erhöht worden. Damit reicht er in vielen Fällen nicht für ein menschenwürdiges Leben und schützt auch nicht vor Altersarmut. »Das ist eine Katastrophe«, konstatierte Riexinger. Er wies darauf hin, dass seine Partei prekäre Beschäftigungsverhältnisse zurückdrängen wolle. »Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen müssen abgeschafft werden«, erklärte der Linksparteichef.
Neue Jobs sollen unter anderem durch ein Projekt entstehen, das Riexinger als »Mobilitätsrevolution« bezeichnete. »In den öffentlichen Verkehr, für Radwege, Bahn und Stadtumbau investieren wir 38 Milliarden Euro pro Jahr«, kündigte er an. Das schaffe mindestens 200 000 sinnvolle und gut bezahlte Arbeitsplätze. Insgesamt müsse die Wirtschaft sozial-ökologisch umgebaut werden. Die Linkspartei nennt das einen linken »Green New Deal«. In diesem Zusammenhang sollen »Arbeitsplätze mit Zukunft« mit einem staatlichen Transformationsfonds von mehr als 20 Milliarden Euro pro Jahr gesichert werden. Davon würden aber nur Betriebe profitieren, die gute Löhne zahlen und Tarifverträge haben. Die klimaneutrale Wirtschaft und Infrastruktur soll bis spätestens 2040 Realität sein. Die Linkspartei strebt bis zum Jahr 2030 den Ausstieg aus der Kohleverstromung an. Strom- und Wärmenetze sollen zugleich in die öffentliche Hand überführt werden.
Die Kosten für die gegenwärtige Krise und den notwendigen Transformationsprozess sollen Vermögende und Spitzenverdiener zahlen. Im Entwurf ist unter anderem eine Vermögensabgabe vorgesehen. Diese soll für Nettovermögen über zwei Millionen Euro erhoben werden, für Betriebsvermögen gilt ein Freibetrag von fünf Millionen Euro. Die Abgabe kann über 20 Jahre in Raten gezahlt werden. Die Linkspartei schätzt die Einnahmen durch diese Maßnahme auf rund 310 Milliarden Euro. Das Geld soll direkt zu Bewältigung der Coronakrise genutzt werden. Hinzu kommt eine Vermögensteuer, die Einkommen über eine Million Euro mit fünf Prozent belastet. Dadurch würden pro Jahr etwa 100 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen durch die Länder bereit stehen.
Zugleich werden kleine und mittlere Einkommen steuerlich entlastet. Alle zu versteuernden Einkommen unter 14 400 Euro im Jahr bleiben steuerfrei. Dagegen soll der Spitzensteuersatz ab Einkommen von 70 000 Euro auf 53 Prozent angehoben werden.
Um zumindest Teile ihres Programms umzusetzen, wird die Linkspartei nach der Bundestagswahl im Herbst auf Partner angewiesen sein. In aktuellen Umfragen ist ein denkbares grün-rot-rotes Bündnis aber weit von einer Mehrheit entfernt. Äußerungen von der Spitze der Grünen weisen zudem darauf hin, dass die Partei nach der Wahl eher eine Koalition mit der Union anstrebt.
Die aktuellen Umfragewerte sind für die Linkspartei alles andere als berauschend. Sie liegt zwischen sechs und neun Prozent. Mit dem Programm will sie offensichtlich vor allem ihre Stammwählerschaft mobilisieren. Dabei grenzten sich die Parteivorsitzenden auch von der SPD ab. So betonte Riexinger, dass die Linkspartei konsequenter beim sozial-ökologischen Umbau sei als die Sozialdemokraten. Kipping fügte hinzu, dass auf ihre Partei mehr Verlass sei, wenn es um die Ablehnung von Kriegen und die Bereitschaft zum Abrüsten gehe.
Der Programmentwurf wird nun in der Linkspartei diskutiert und weiterentwickelt. Das endgültige Papier soll auf einem Parteitag im Juni verabschiedet werden. Zuvor wird die Linke eine neue Parteispitze wählen. Der Bundesparteitag, der am 26. und 27. Februar stattfinden soll, wurde komplett ins Internet verlegt. Favoriten für die Nachfolge von Kipping und Riexinger, die nicht erneut antreten, sind die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler und ihre thüringische Amtskollegin Susanne Hennig-Wellsow.
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