Berliner Schüler und Lehrer können sich bald selbst testen

Senat macht den Weg frei für umfassende Selbsttests an Kitas und Schulen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlins Schulen bekommen die bereits seit Längerem von Schülern, Lehrkräften und Eltern geforderten Corona-Schnelltests. Das teilte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag mit. Demnach bringt ihr Haus zusammen mit der Senatsgesundheitsverwaltung ein insgesamt rund 70 Millionen Euro schweres Maßnahmenpaket auf den Weg, das unter anderem Selbsttests für das Personal von Kitas und Schulen enthält. Wie die Lehrkräfte sollen dabei auch alle Schüler die Möglichkeit bekommen, sich zweimal die Woche freiwillig auf das Virus selbst zu testen. Alles in allem will Berlin zehn Millionen Schnelltests beschaffen, allein in dieser Woche schon einmal 1,5 Millionen.

»Das sind erst einmal sehr gute Nachrichten«, sagt Regina Kittler. Die Bildungsexpertin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus verweist indes zugleich darauf, dass für die Selbsttests noch ein sogenannter Konformitätsnachweis fehlt - die Voraussetzung für die Abgabe der Tests an Laien. »Solange die Tests nicht zugelassen sind, können auch die Schulen nicht öffnen. Das sollte klar sein.« Aber selbst Kittler, bislang eine der vehementesten Kritikerinnen von überhasteten Öffnungen, sagt inzwischen: »Man muss zur Kenntnis nehmen, dass viele Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern an einem Punkt angekommen sind, wo sie sagen: Ich bin am Limit, ich will nicht mehr zu Hause bleiben.«

Tatsächlich fällt die Ankündigung der Bildungsverwaltung mitten in die seit Tagen auf Hochtouren laufende Schulöffnungsdebatte. Und ob Linkspartei, Grüne oder Gewerkschaft: Fast alle Seiten appellierten jüngst zum wiederholten Mal an die Bildungssenatorin, die Schulen erst dann wieder zu öffnen, wenn ein über den Corona-Stufenplan hinaus gehender Infektionsschutz gewährleistet werden kann. »Ich persönlich bin der Meinung, dass ohne den flächendeckenden und regelmäßigen Einsatz von Tests und die Bereitstellung geeigneter Masken in ausreichenden Mengen keine Schule geöffnet werden sollte«, sagt etwa Carola Ehrlich-Cypra, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Bildung der Berliner Grünen.

Auch Tom Erdmann, Berlins Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht in der Maskenbeschaffung und einer sinnvollen Teststrategie eine Grundvoraussetzung für etwaige Öffnungsszenarien. »Generell ist unter dem pädagogischen Personal die Skepsis aber sehr, sehr groß, ob in der aktuellen Situation überhaupt irgendetwas öffnen sollte«, so Erdmann.

Die Berliner Schulöffnungsdebatte richtig eröffnet hatte am vergangenen Donnerstag Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit seinem Satz: »Der erste Schritt - 15. Februar ist das Datum, das wir im Moment ins Auge gefasst haben - ist, wieder Schule in Anfängen zu ermöglichen.« Seit Anfang dieser Woche geistern schließlich Berichte durch die Medien, die Bildungsverwaltung erwäge, ab 17. Februar die Klassenstufen 1 bis 3 wenigstens im Wechselunterricht zurück in die Klassenräume zu schicken. Aus dem Haus von Bildungssenatorin Scheeres heißt es dazu, dass es sich hierbei um irreführende Berichte handele. »Grundsätzlich haben wir aber natürlich verschiedene Szenarien entwickelt«, sagt Scheeres’ Sprecher Martin Klesmann zu »nd«. Aus den Erfahrungen der vergangenen Wochen will sich die Bildungsverwaltung aber weder zu Details der Pläne noch zu Präferenzen der Senatorin äußern.

Zur Erinnerung: Scheeres war in den Weihnachtsferien mit Äußerungen vorgeprescht, die Schulen bereits ab Mitte Januar wieder öffnen zu wollen, und hatte hierfür im Anschluss herbe Kritik einstecken müssen, die darin gipfelte, dass die CDU-Fraktion - vergeblich - laut für ihren sofortigen Rücktritt trommelte. Verständlich also, dass die Bildungssenatorin nun nicht ein weiteres Mal als Watschenfrau des Senats herhalten will. Ihr Sprecher bittet dann auch um Geduld, bis man sich konkret äußern werde. »Wir warten die Ministerpräsidentenkonferenz und die Sondersitzung des Senats am Donnerstag ab.«

Nach nd-Informationen scheint eines klar: Anders als von Geisel angekündigt, werden die Schulen nicht bereits am kommenden Montag wieder öffnen, wohl nicht einmal teilweise. Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass erste Schritte in die Richtung eingeleitet werden, sobald der Gebrauch der Selbsttests offiziell zugelassen sind. Damit sei aber erst in zwei bis drei Wochen zu rechnen.

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