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Wachstum ohne Verdrängung
Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer will die Entwicklung der Hauptstadt nicht privaten Investoren überlassen
»Ich wünsche mir, dass wir die Entwicklungen, die große Metropolen in den vergangenen 30 Jahren erlebt haben, in Berlin nicht in dem Maße erleben«, sagte Klaus Lederer am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg. Der Berliner Kultursenator und Spitzenkandidat der Linken für die Abgeordnetenhauswahl hatte dort auf Veränderungen der Stadt zurückgeblickt und erklärt, wie er es mit dem Wachstum hält.
Die Entwicklung anderer Metropolen, wo Ministerien und Wohlhabende sich das Zentrum teilen und diejenigen, die die Stadt am Laufen halten, in die Vororte verdrängt werden, sei nicht erstrebenswert, erklärte Lederer. Um dem etwas entgegenzusetzen, hatte die rot-rot-grüne Koalition im vorigen Jahr die Mietpreise gedeckelt. Der Linke-Spitzenkandidat erinnerte daran, dass energetische Sanierungen in der Vergangenheit zwar durchschlagend bei der Umlage auf die Mietpreise waren, aber mitunter nur geringe energetische Effekte erzielten. Es brauche »Maß und Mitte« bei den Anreizen für Sanierungen, damit die bisherigen Mieter auch in den Beständen wohnen bleiben können.
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Der bis 2025 geltende Mietendeckel soll der Politik auch Zeit verschaffen für den Neubau von Wohnungen. Eine massive Verdichtung der bestehenden Quartiere durch private Bauträger, die selbst entscheiden, was auf dem knappen Boden entstehen soll, sei dabei nicht zielführend. »Es hat sich gezeigt, dass diese nicht für den Bedarf bauen.« Stattdessen müsse man auf die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften setzen.
Die neue Liegenschaftspolitik, die vorsieht, keine Grundstücke mehr zu vergeben, ohne dass Einfluss darauf genommen werden kann, was mit diesen passiert, sei leider zu spät angegangen worden, bedauert Lederer. Was die Entwicklung neuer Quartiere betrifft, dürfe das Augenmerk nicht nur auf der Quantität liegen, erklärte der Linke-Politiker. Es sei ebenso wichtig, wie diese Gebiete geplant werden. So brauche es vor Ort neben Grünflächen auch die nötige soziale Infrastruktur. Auf die Kritik, die rot-rot-grüne Landesregierung würde den Neubau vernachlässigen, antwortete Lederer: »Die, die am lautesten ›bauen, bauen, bauen‹, brüllen, sind die, die am wenigsten vorzuweisen haben.« Immerhin werde in den von der Linkspartei mitregierten Ostbezirken am meisten gebaut.
Warum aber dauern viele Bauvorhaben in der Stadt so lange? »Wir haben hier keine chinesischen Verhältnisse, wo die Armee kommt, alles abräumt und dann wird da was hingestellt.« Das Planungsrecht sei komplex, das gelte für die gesamte Bundesrepublik. Hinzu komme, dass die Verwaltungen der Stadt im Zuge der 1994 ausgelaufenen Berlinzulage und dem damit einhergehenden Defizit im Landeshaushalt vor allem nach der Jahrtausendwende Personal abbauen mussten.
Die Berliner Bauwirtschaft forderte am Donnerstag eine Verschlankung der Landesbauordnung, die noch vor der Wahl überarbeitet werden soll: »Die Bauwirtschaft erwartet von der Politik eine Vereinfachung des Baurechts in Berlin. Das ist angesichts des Ziels des bezahlbaren Bauens und Wohnens unerlässlich«, so Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau. Dass künftig mindestens ein Fünftel der Grundstücksfläche begrünt werden soll, verschärft laut Schreiner die Flächenknappheit in der Stadt. Die FG Bau fordert stattdessen eine Entbürokratisierung, etwa durch die Verkürzung von Fristen im Genehmigungsprozess.
Weil das Wachstum nicht an den Stadtgrenzen Halt macht, will Lederer auch die Anbindung Brandenburgs an die Hauptstadt verbessern. Ihn beschäftige daher die Frage, wie Pendler aus weiter entfernten Teilen Brandenburgs schnell in die Stadt kommen können, wenn das Auto aus Klimaschutzgründen an Bedeutung verliert. Der Großraum Berlin müsse künftig anders gedacht werden, findet Lederer. Bei großen Verkehrsprojekten würden die Spielräume derzeit an der Stadtgrenze aufhören, kritisiert er.
Lederer soll für die Linkspartei als Spitzenkandidat bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September antreten. Der Landesvorstand nominierte ihn im Dezember, die Bestätigung ist für den Parteitag im Frühjahr vorgesehen. Zwar belegt seine Partei in Umfragen derzeit mit 16 Prozent den vierten Platz hinter den aktuellen Koalitionspartnern SPD und Grüne sowie der CDU. Doch die Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs hat Lederer deshalb noch lange nicht aufgegeben. »Vielleicht könnte ich als Regierender Bürgermeister im Sondieren und rechtzeitigem Abräumen von Konflikten ein bisschen was anders machen«, so Lederer über die Zusammenarbeit in einer möglichen Neuauflage der rot-rot-grünen - oder vielmehr grün-rot-roten - Koalition.
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