Elektro-Genie-Kult

Genie, Geschäftsmann oder beides? Zum Tod von Chick Corea

Wie erst jetzt bekannt wurde, starb Chick Corea am vergangenen Dienstag mit 79 Jahren in Tampa, Florida. Er war einer der bekanntesten Jazzpianisten. Schon mit vier Jahren saß er am Klavier. Er wurde also fast als Genie geboren. Auf jeden Fall starb er als anerkanntes Genie. Mit ihm habe »unbestritten einer der unglaublichsten Jazz-Innovatoren aller Zeiten« das Zeitliche gesegnet, erklärte die Grammy-Akademie auf Twitter. Corea hatte den Musikpreis 23 Mal gewonnen, so oft wie kein anderer Jazz-Musiker.

Chick Corea spielte 1970 auf dem Doppelalbum »Bitches Brew« von Miles Davis, der darauf den Jazz elektrifizierte und ihn wie Rock klingen ließ - auf Anraten seiner Plattenfirma, da seine Verkäufe stagnierten. Das klappte sehr gut: »Bitches Brew« verkaufte sich 500 000 Mal. Mit dabei waren auch Joe Zawinul und John McLaughlin, die sich wie Corea daran ein Beispiel nahmen und mit ähnlicher Musik, die noch viel konventioneller war und die sie Fusion nannten, glänzend verdienten.

Fusion war tendenziell dudeliger Jazzrock mit einfachen Harmonien, in der mit virtuosen Soli ein showförmiger Geniekult betrieben wurde. Pianisten wie Chick Corea oder Keith Jarrett gerierten sich als neue Mozarts und spielten doch nur »eine Art Salon-Debussy (…), mit einer zaghaft interpolierten Jazzrhythmik und -harmonik, der jede Reibungskraft entzogen ist«, wie Ekkehard Jost in seiner »Sozialgeschichte des Jazz« schreibt. In ihren Selbsterklärungen präsentieren sich solche Superstars oft als Esoteriker, Buddhisten oder - wie Corea - als Scientologen. Progressiv sind sie selten. »Fusion ist das Produkt der Vorstellungskraft von Leuten, die keine kreativen Künstler sind. Es ist ein Geschäft«, sagte der Schlagzeuger Max Roach.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -