Handel im Wandel

China zum fünften Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Polen ist zum fünftwichtigsten Handelspartner der deutschen Wirtschaft aufgestiegen und hat Großbritannien überholt. Trotz der zwischenzeitlich starken Belastungen durch die Corona-Beschränkungen sank der deutsch-polnische Handel 2020 nur minimal um 0,4 Prozent auf 123 Milliarden Euro. »Bei der EU-Erweiterung galt Polen noch als wirtschaftliches Sorgenkind, jetzt ist es auch dank deutscher Investitionen ein industrielles Powerhouse der EU«, lobt Oliver Hermes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

Während Polens Bedeutung wächst, nimmt die von Großbritannien ab. Die Streitigkeiten um Brexit-Regeln, die heikle Grenze zwischen dem Euro-Land Irland und dem britischen Nordirland und nun der Zank um die Einfuhr britischer Muscheln in die EU belasten die Beziehungen. Das britische Handelsvolumen mit Deutschland ging um 13,2 Prozent auf 102 Milliarden Euro zurück.

China ist zum fünften Mal in Folge der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, wurden nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 212 Milliarden Euro zwischen beiden Staaten gehandelt. Trotz der Coronakrise stieg der Umsatz mit China um 3,0 Prozent. Auf den Rängen zwei und drei folgen die Niederlande mit 173 Milliarden Euro (-8,7 %) und die Vereinigten Staaten mit 171,6 Milliarden Euro (-9,7 %). Dabei bleiben die USA nach wie vor größter Abnehmer deutscher Exporte.

Die wichtigsten Exportgüter Deutschlands waren zum elften Mal in Folge Kraftwagen und Kraftwagenteile. Allerdings führte die Coronakrise hier zu einem außerordentlich starken Rückgang auf 187 Milliarden Euro (-16,9 %). Die höchsten Exportüberschüsse wies Deutschland, wie gehabt, neben Kraftwagen, bei Maschinen und chemischen Erzeugnissen aus. Importseitig waren nicht etwa Textilien oder Konsumgüter vorne, sondern Datenverarbeitungsgeräte und optische Erzeugnisse mit 114 Milliarden Euro (-3,8 %).

Insgesamt bleibt Deutschlands Wirtschaft extrem exportorientiert. Waren im Wert von 1205 Milliarden Euro (-9,3 %) wurden exportiert und Waren im Wert von 1026 Milliarden Euro (-7,1 %) importiert. Die Außenhandelsbilanz schloss mit einem Überschuss von 179 Milliarden Euro ab. Damit sank der deutsche Exportüberschuss im vierten Jahr in Folge. Er liegt nun bei 5,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Damit verstößt Deutschland weiterhin gegen die Stabilitätskriterien der EU, wonach Mitgliedstaaten langfristig eine ausgeglichene Handelsbilanz haben sollen. Das heißt, so viele Waren und Dienstleistungen exportieren wie sie auch von anderen Ländern nachfragen. Freilich sieht das sogenannte Europäische Semester lediglich vor, dass die Differenz aus Exporten und Importen 6 Prozent des BIP eines Landes nicht überschreiten soll. Das tat die Bundesrepublik allerdings in den vergangenen Jahren bereits mehrfach. Das Coronajahr zeigte die zwei Seiten der Exportstärke der Industrie. Einerseits sank die Produktion doppelt so schnell wie das BIP, anderseits profitierte die Volkswirtschaft von der schnellen Erholung der Nachfrage aus China. So legte der Export im Dezember - trotz verschärftem Lockdown - gegenüber November wieder zu.

Der länger als anfänglich erwartete Lockdown, winterbedingte Verluste und durch die Lieferprobleme bei Chips verursachten Produktionsstörungen könnten im ersten Quartal den Außenhandel noch bremsen. Im Sommerhalbjahr erwarten Bankanalysten und Volkswirte jedoch weiterhin eine deutliche Erholung, die von der kräftigen globalen Nachfrage, der expansiven Geld- und Fiskalpolitik und nicht zuletzt durch die aufgestaute Konsumnachfrage der deutschen Haushalte getrieben werden dürfte.

Weitere Änderungen werden 2021 den Handel wandeln. Verdi-Vorsitzender Frank Werneke spricht über das neue Lieferkettengesetz von einem »Durchbruch«, Umweltverbände immerhin von einem »Minimalkonsens«. Das 2023 in Kraft tretende Gesetz zwingt die Unternehmen jedenfalls schon jetzt, sich auf die neuen Regeln und zukünftige weitere Verschärfungen einzulassen.

Neue Ansätze bietet auch die EU-Handelspolitik. Die Europäische Kommission hat vergangene Woche den »Trade Policy Review« vorgestellt. Mit diesem Strategiedokument soll eine Neuausrichtung eingeleitet werden. Die zunehmende Bedeutung von Klimaschutz und digitalen Dienstleistungen, Reformansätze für eine schlagkräftige Welthandelsorganisation WTO sowie die veränderte Rolle Chinas sollen sich in der zukünftigen Handelspolitik wiederfinden.

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