- Politik
- Impfkampagne in Deutschland
Die Prioritäten ändern sich
Um die Lockerungsstrategie nicht zu gefährden, soll es beim Impfen rascher gehen
An diesem Montag treten vielerorts erste Lockdown-Lockerungen wie die Öffnung von Grundschulen, Friseurgeschäften und Blumenläden in Kraft - und das, obwohl die Corona-Inzidenzzahlen zuletzt wieder leicht gestiegen sind und sich die infektiösere Virusmutation B.1.1.7 ausbreitet. Schnelltests und ein rascheres Impfen sollen verhindern, dass die Lage erneut aus dem Ruder läuft. Aus Sicht von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) gebe es sogar Perspektiven für weitere vorsichtige Öffnungsstrategien, die an Tests und Impfungen gekoppelt sein sollten, wie Scholz mit Blick auf die Bund-Länder-Runde am kommenden Mittwoch im Deutschlandfunk sagte.
Zwei Monate nach dem Start der Kampagnen ist man beim Impfen aber noch nicht weit gekommen: »Bis wir einer solchen Menge an Bevölkerung ein Impfangebot machen konnten, dass sich das jetzt wirklich breiter epidemiologisch auswirkt, das dauert einfach noch ein Weilchen«, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).
Nach Verzögerungen bei der Lieferung durch die Hersteller sollen die Impfungen nun mehr Fahrt aufnehmen. Problem ist, dass noch immer größere Mengen des Astra-Zeneca-Impfstoffs wegen Vorbehalten zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen liegenbleiben. Um die Verschwendung zu vermeiden, gibt es nun Forderungen nach Lockerung der Impfreihenfolge.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schlug am Wochenende vor, Hunderttausende ungenutzte Dosen des Astra-Zeneca-Impfstoffs aus den Depots der Bundesländer zur Impfung für alle freizugeben. »Bevor er liegenbleibt: impfen, wer will. Denn jeder Geimpfte schützt sich und andere«, sagte Söder der »Bild am Sonntag«. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich ähnlich.
Ohnehin wird bereits vom ursprünglichen Impfplan abgewichen. Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, Mitarbeiter von Grund- und Förderschulen sowie Kindergärten in der Impfrangfolge hochzustufen. In Thüringen können sich ab Montag mehr als 5000 Beschäftigte impfen lassen. Die angebotenen Termine sind laut Kassenärztlicher Vereinigung komplett vergeben.
Bislang sind EU-weit drei Impfstoffe zugelassen, ein vierter der Firma Johnson & Johnson könnte Mitte März hinzukommen. Das Astra-Zeneca-Vakzin darf in Deutschland nicht an über 65-Jährige geimpft werden. Es wird jedoch erwartet, dass die Ständige Impfkommission diese Beschränkung kippt. Der Präsident der Wissenschaftsakademie Leopoldina, Gerald Haug, hofft ebenfalls, dass es jetzt schneller geht und »alle Möglichkeiten, Arztpraxen, Betriebsärzte, professionelle Logistiker und die Digitalisierung, sofort zum Einsatz gebracht werden«.
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, hat eine ganz andere Idee, die Impfbereitschaft zu steigern: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) solle sich live im TV impfen lassen - mit dem Astra-Zeneca-Präparat. mit Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.