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Soldat mit Umsturzplänen

Rechter 21-Jähriger hatte Manifest verfasst und mit Verwandten Waffen gehortet

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die extrem rechten Umtriebe in der Bundeswehr nehmen kein Ende. In Hessen ist am Wochenende ein Soldat aufgeflogen, der offenbar illegale Waffen hortete und Umsturzpläne verfolgte, sein Bruder und Vater waren möglicherweise ebenfalls involviert. Die Sicherheitsbehörden hatten die Verdächtigen nicht auf dem Schirm, der entscheidende Hinweis kam laut Spiegel von der Ex-Partnerin des Soldaten. Sie habe sich nach einem Streit an die zuständigen Stellen gewandt.

Spezialkräfte der hessischen Polizei hatten daraufhin am Samstag den 21-jährigen Tim F. festgenommen. Sein 63-jähriger Vater wurde ebenfalls inhaftiert, der 20-jährige Bruder stellte sich am Sonntag freiwillig den Behörden. Alle drei Männer aus dem Hochtaunuskreis sitzen nun in Untersuchungshaft. Ermittlungen laufen wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und unerlaubtem Waffen sowie Sprengstoffbesitz. Den Verdächtigen wird konkret vorgeworfen, »illegal Waffen und Munition gehortet und sich in rechtsextremer Weise geäußert zu haben«, so das Landeskriminalamt Hessen und die Staatsanwaltschaft Hanau. »Wir ermitteln in ganz verschiedenen Bereichen«, fügte eine Sprecherin des Landeskriminalamts in Wiesbaden am Dienstag hinzu. Datenträger müssten ausgewertet und Zeugen vernommen werden.

Wenn Kommissar Zufall helfen muss. Daniel Lücking über den neuerlichen Munitionsfund bei einem Soldaten der deutschen Armee

Die Polizei stellte bei Durchsuchungen der Privat- und Diensträume der Männer aus der Gemeinde Glashütten bei Frankfurt am Main mehrere Waffen sicher, darunter Gewehre, Pistolen, Granaten, Stabbrandbomben, Zünder und Munition, der Großteil soll aus Ex-Jugoslawien oder dem Zweiten Weltkrieg stammen. Laut Spiegel soll F. versucht haben, aus Munition Sprengstoff zu bilden, rund 30 Gramm soll er bereits gewonnen haben.
Nach den Berichten hatte der Verdächtige eine Art selbst geschriebenes Manifest mit dem Titel »Wie man die Macht in Deutschland übernehmen könnte« bei seiner Ex-Partnerin hinterlassen. Die Schrift enthielt offenbar auch Hinweise auf mögliche gewaltsame Aktionen, speziell gegen den Bundestag und die Bundesregierung. Auch die Ex-Freundin hatte den Behörden erklärt, dass der Verdächtige über Anschläge gesprochen habe. Bei der Razzia in den Räumen des Mannes stießen Beamte auf rechte Flyer und Bücher, in dem Messengerdienst-Dienst Telegram soll er Mitglied in entsprechenden Gruppen gewesen sein.

Der Soldat des Heeres ist in Pfullendorf in Baden-Württemberg beim Ausbildungszentrum Spezielle Operationen tätig. Der freiwillige Wehrdienstleistende wird laut Berichten in der Verwaltung eingesetzt. Die Linke-Abgeordnete Martina Renner hatte erst vor wenigen Wochen die Bundesregierung zu rechten Vorfällen am besagten Standort befragt. Die aktuellsten 14 Fälle sollten aufgelistet werden. Die Antwort der Verteidigungsministerin wurde jedoch als geheim eingestuft und geschwärzt. »Offenbar soll die Öffentlichkeit möglichst wenig zu rechten Umtrieben in der Bundeswehr erfahren«, kritisierte Renner. »Was mich wirklich als Abgeordnete ärgert: der Fall war nicht in der Aufzählung«, sagte die Politikerin. Ob dies aus Absicht oder Versehen geschehen sei, könne sich jeder selbst denken.

Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe prüft derzeit, ob er den Fall übernimmt. Bislang reichten die Indizien allerdings nicht für ein Terrorismusverfahren, heißt es. Eine überraschende Aussage, schließlich ist dies nur der jüngste Fall in einer Reihe von Skandalen bei der Bundeswehr. Vor allem die Eliteeinheit KSK fällt seit Jahren durch extrem rechte Verwicklungen auf (»nd« berichtete).

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