Osteranschläge beschäftigen Sri Lanka

Streit über Umgang mit Untersuchungsbericht über Terrorattacke 2019

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie dieser Tage in den einheimischen Medien des Inselstaates verlautete, stellt die Aufarbeitung des schlimmsten Terroraktes der jüngeren Vergangenheit einen riesigen Papierberg dar: 87 Aktenordner à 600 Seiten soll der Gesamtbericht umfassen. Doch nur 65 davon sind vom Präsidialamt an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden, 22 bleiben unter Verschluss. Und was von dem Gesamtwerk an die breite Öffentlichkeit gelangt, ist noch völlig unklar. Gescheitert mit seinen Anträgen, Einsicht nehmen können, ist Kardinal Malcolm Ranjith. Der höchste katholische Würdenträger des Landes kann ein gesteigertes Interesse am Zugang zu den Informationen vorweisen. Schließlich waren es mehrere Kirchen, die neben drei Nobelhotels zu den Anschlagsorten gehörten. Die christliche Minderheit auf dem Inselstaat, deren exponiertester Vertreter der Erzbischof von Colombo ist, war überproportional bei den Opferzahlen vertreten.

Zur Erinnerung: 269 Tote waren an jenem 21. April 2019 zu beklagen, ebenso kamen acht Selbstmordattentäter ums Leben. In kurzen Abständen rissen die Explosionen in der Innenstadt von Colombo im Shangri-La Hotel, dem Cinnamon Grand und dem Kingsbury Hotel zahlreiche Menschen in den Tod. Teilweise wurden die Sprengsätze direkt am stark frequentierten Frühstücksbuffet gezündet. Auch an den drei kirchlichen Anschlagsorten waren die Opferzahlen besonders groß, weil sich die Menschen gerade zum Ostersonntagsgottesdienst eingefunden hatten. Betroffen waren der St. Anthony’s Shrine, die katholische Hauptkirche im Norden Colombos, eine Kirche in der Nachbarstadt Negombo sowie eine in Batticaloa an der Ostküste. Dass es dort nicht noch mehr Tote gab, war einem Mann zu verdanken, der den verdächtig erscheinenden Attentäter konfrontierte - dieser zündete seine Bombe darum schon am Eingang statt im Kircheninnern. Weitere Sprengsätze konnten später entschärft werden.

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Nur Bruchstücke der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen im Abschlussbericht sind bisher publik geworden. Bei einer Pressekonferenz zu Wochenbeginn verteidigte Bildungsminister G.L. Peiris, der auch Parteivorsitzender der regierenden SLPP ist, dass gegenüber Generalstaatsanwalt Dappula de Livera einige Ordner zurückgehalten wurden. Über den Umgang mit dortigen Punkten müsse erst die Regierung beraten, sagte er. Klar scheint schon jetzt, dass sich wohl Ex-Präsident Maithripala Sirisena einem Gerichtsprozess stellen muss. Auch hohen Vertretern von Polizei und Geheimdienst droht eine Anklage.

Ob sich die Anschläge hätten ganz verhindern lassen, ist bis heute strittig. Zumindest deutlich weniger Opfer hätte es gegeben, wäre angemessen auf vorliegende Warnungen reagiert worden. Die stammten von indischen Geheimdienststellen. Dass die lokale Gruppe National Thowheeth Ja’amath (NTJ), lose mit dem IS verbunden, an mehreren Stellen Waffen und Sprengstoff lagerte und Anschläge plante, war bekannt. Die von Indien geteilten Informationen seien zusammen mit eigenen Erkenntnissen vom Geheimdienst SIS, der zentralen Ermittlungsbehörde CID und der Antiterrorismusagentur TID aufbereitet worden, erinnert in einem Artikel für die Tageszeitung »The Island« Merril Gunaratne, früherer Vizepolizeichef und Sicherheitsberater. Der Nationale Sicherheitsrat als Entscheidungsorgan für notwendige Schritte war seinerzeit aber wegen des Zerwürfnisses zwischen Präsident Sirisena und Premier Ranil Wickremasinghe temporär »kopflos«.

In Sri Lanka wird nun befürchtet, die heutigen Machthaber - die Brüder Gotabaya Rajapaksa als Präsident und Mahinda Rajapaksa als Premier - könnten den Bericht für ihre Zwecke missbrauchen, um ungeliebte und verzichtbare Bündnispartner (Sirisena) sowie Gegenspieler (Wickremasinghe) kaltzustellen. Demnächst will das Parlament zu dem Bericht beraten. Die katholische Kirche hat mitgeteilt, am 7. März als »Schwarzer Sonntag« an die Anschläge und deren Opfer zu erinnern.

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