- Politik
- Nicola Zingaretti
Flucht nach vorn
Nicola Zingaretti führt nicht länger Italiens Demokratische Partei
Nach nur zwei Jahren im Amt hat Nicola Zingaretti das Handtuch geworfen. Am Donnerstag trat er als Sekretär der Demokratischen Partei (PD) zurück. Er sagte, dass er sich für seine Partei schäme, da man seit Wochen nur über Posten diskutiere, während das Land wegen der Pandemie eine neue schwere Krise durchmacht. Zingaretti hat die Flügelkämpfe innerhalb der Demokraten nicht in den Griff bekommen. »Man wollte mich loswerden, da war ich eben schneller...«, sagte er. Der Parteivorstand soll in dieser Woche eine Entscheidung treffen.
Nicola Zingaretti ist gelernter Zahntechniker und wurde 1965 in Rom geboren. Er ist der jüngere Bruder des Schauspielers Luca Zingaretti. Seine Urgroßmutter mütterlicherseits wurde von den Nazis nach Auschwitz verschleppt, wo sie starb. Über die Friedensbewegung und die Kommunisten (PCI) fand Zingaretti früh zur Politik.1985 wurde er Vorsitzender der Kommunistischen Jugend in der Region Latium. Nachdem aus der PCI die Linkspartei PDS geworden war, führte er von 1992 bis 1995 deren Jugendverband. Seitdem wirkte er in verschiedenen Positionen als Funktionär der Partei, die seit 2007 Demokratische Partei heißt. Seit der Wahl 2013 ist Zingaretti Präsident der Region Latium.
Der Mann, der als freundlich und besonnen bekannt ist, wollte seiner Partei, die in den Umfragen schlecht dasteht, ein klares sozialdemokratisches Profil geben. Zingaretti ist zur Zielscheibe aller politischen Kabarettisten geworden. Nach seinem Rücktritt, der dennoch wie ein Blitz einschlug, kamen von in- und außerhalb der Partei Solidaritätsbekundungen. Er solle seine Entscheidung doch noch mal überdenken, hieß es. Viele Kommentatoren haben auch schon eine neue Aufgabe für den Politiker in Aussicht: Noch in diesem Jahr wird in Rom ein neuer Bürgermeister gewählt. Zingaretti hat dankend abgelehnt. Und dann etwas geheimnisvoll erklärt: »Verschwinden werde ich aber nicht.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.