Viele Fragen, wenig Antworten

Widersprüche im Prozess gegen einen ehemaligen KSK-Soldaten

  • Nina Böckmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Fünfter Verhandlungstag im Prozess gegen Philipp S., den einstigen KSK-Soldaten, der wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz angeklagt wurde. Es geht um den brisanten Fund, den Ermittler*innen vergangenen Mai im Garten des Angeklagten machten. Neben einem Sturmgewehr, zwei Kilo Sprengstoff und Tausenden Schuss Munition fand man auch nationalsozialistische Schriften sowie den Holocaust verharmlosende Handyfotos. Der politische Hintergrund der Tat spielte bisher eine untergeordnete Rolle. Jetzt wurden ehemalige KSK-Kameraden als Zeugen vernommen. Neu waren dabei die Fragen der Staatsanwaltschaft und Richter zur politischen Haltung von S.

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Die Zeugen behaupteten zwar, in freundschaftlichem oder »kameradschaftlichem« Verhältnis zu S. gestanden, aber nie mit ihm über politische Themen gesprochen zu haben. Gefragt, wie S. politisch einzuordnen sei, erklärte einer von ihnen: »Naja, politisch normal. In keiner Partei, so wie ich auch.« Ein Vorgesetzter des Angeklagten gab hingegen an, bei einem Auslandseinsatz in Namibia habe S. im Besprechungsraum mutmaßlich die Stimme Adolf Hitlers imitiert. Dennoch betonte auch er: »Bei Herrn S. war keine politische Richtung ersichtlich.« Die Taktik der Verteidigung wirkt, als solle das Interesse von S. an Nationalsozialismus und Wehrmacht als »scherzhaft« entpolitisiert werden.

Auch der Ablauf von KSK-Übungen wird hinterfragt. Der Angeklagte hatte bislang angegeben, immer wieder Munition gefunden und gesammelt zu haben. Bis zum Fund in seinem Garten war S. für die Ausbildung der Soldaten verantwortlich. Er habe Munitionsengpässe umgehen und so die Ausbildung der Truppe gewährleisten wollen, rechtfertigte S. sein Depot. Deutlich wurde durch die Aussagen der KSK-Soldaten, dass eine lückenlose Überwachung der ausgehändigten Munition und der Rückführung der Restbestände nicht gewährleistet war. Bei Übungen etwa sei es üblich, dass Sprengstoffreste - alles unter 500 Gramm - nach den Übungen »versprengt« würden. Wie viel wirklich versprengt werde, unterliege allerdings keiner genauen Überprüfung. Ein Zeuge bestätigte, dass es für Übungsleiter »grundsätzlich machbar« sei, mehr zu bestellen, als versprengt werde. Ein Dritter gab an, die Menge des bei Übungen verbrauchten Sprengstoffes werde anhand der nach der Übung übrig gebliebenen Menge berechnet.

Auch ein damaliger Vorgesetzter von S. mimte den Unwissenden. Dass jemand etwas im Keller der Kompanie gehortet haben könnte, schloss er nicht aus. »Ich würde es aber nicht machen«, so der Zeuge. Widersprüchliche Aussagen gab es hinsichtlich der Auslandseinsätze. Offen ist nach wie vor die Frage, wie das Sturmgewehr AK-47 seinen Weg in die Hände des Angeklagten fand. Die Möglichkeit, sogenannte Fremdwaffen als Teil der Bundeswehrausrüstung aus Afghanistan zurück nach Deutschland zu transportieren, schätzen die KSK-Soldaten als »theoretisch machbar« oder als »fast unmöglich« ein. Bei Rückreisen von Einsätzen im Kosovo habe es deutlich weniger strenge Kontrollen gegeben. Auch S. befand sich dort im Einsatz. Woher die Munition stammt, die nicht aus KSK-Beständen entwendet wurde, konnte bei internen Ermittlungen bislang nicht geklärt werden. Unregelmäßigkeiten gab es wohl auch bei den Übungseinsätzen. So habe in der Vergangenheit etwa die Ausübung einer Doppelfunktion stattgefunden: statt wie üblich überprüfte in diesem Fall keine zweite Person die Ausgabe der Munition. Die Verantwortung lag damit einzig beim Übungsleiter.

Mit im Saal saß an diesem Tag auch eine Presseoffizierin des KSK. Bereits als der erste KSK-Soldat gehört wurde, sah diese sich mit dem Vorwurf der Verteidigung konfrontiert, heimlich Handyaufnahmen vom Zeugen zu machen. Auch während der Aussagen suchten einzelne Soldaten den Blickkontakt zur Presseoffizierin und bekamen etwa ein Kopfschütteln zurück. Inniger schien das Verhältnis der Offizierin zum Angeklagten und dessen Lebensgefährtin. Nach dem Prozessende besprachen sich die drei, sie wirkten vertraut. Auf Nachfrage gab die Offizierin an, man kenne sich schon lange.

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