Agrarminister gegen mehr Klimaschutz

HEISSE ZEITEN: Zahlreiche Fachpolitiker zeigen mit ihren Finanzierungsplänen, dass sie die Förderung von Klima- und Artenschutz deckeln wollen

  • Anke Herold
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Subventionierung der konventionellen Landwirtschaft durch die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union ist ein wesentlicher Treiber der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft. Und auch für den drastischen Verlust an Biodiversität und sowie für eine steigende Belastung des Grundwassers mit Nitrat und Pestiziden. Die neuen Regelungen aus Brüssel für die gemeinsame Agrarpolitik von 2023 bis 2027 bringen leider keine Wende der Agrarpolitik. Aber sie geben den Mitgliedstaaten deutlich größere Spielräume, die landwirtschaftlichen Betriebe für Umweltmaßnahmen zu belohnen. Die sechs Milliarden Euro, die Deutschland aus dem Brüsseler Agrartopf bekommt, könnten so verteilt werden, dass Artenschutz und Tierwohl gefördert sowie Nährstoffüberschüsse und Pestizide reduziert werden.

Auch die Landwirte selbst wollen eine Trendwende. Nach einer Forsa-Umfrage zur zukünftigen finanziellen Förderung der Landwirtschaft sind aus Sicht der befragten Landwirte vor allem eine möglichst tierfreundliche Viehhaltung (91 Prozent) und eine möglichst umweltfreundliche Produktion mit hohen Umweltstandards (83 Prozent) wichtig. Die große Mehrheit der befragten Landwirte (87 Prozent) kann sich vorstellen, künftig mehr konkrete Maßnahmen für den Naturschutz umzusetzen, zum Beispiel zur Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen, wobei 68 Prozent der Landwirte Maßnahmen nur bei angemessener finanzieller Förderung umsetzen. Das ist angesichts des hohen ökonomischen Belastungen der Bauern auch verständlich.

Aber noch ehe in Brüssel alle Details für die gemeinsame Agrarpolitik der EU ausverhandelt sind, hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bereits drei Gesetzesvorhaben ausgearbeitet, die vor allem das Ziel haben, mehr Klima- und Umweltschutz in der Landwirtschaft zu verhindern. Die erste Säule der gemeinsamen Agrarpolitik sind Direktzahlungen, die an die Fläche gebunden sind.

Die zweite - auf das Gesamtbudget bezogen viel kleinere - Säule fördert die ländliche Entwicklung, Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen oder auch den ökologischen Landbau. Klöckner möchte 20 Prozent des Budgets der ersten Säule für Öko-Maßnahmen reservieren, möglich wären laut EU bis zu 42 Prozent. Die Umweltverbände fordern einen Anteil von 40 Prozent, um die Höfe beim Umwelt- und Klimaschutz zu unterstützen. Das Umweltministerium plädiert für 30 Prozent der Mittel für Umweltmaßnahmen, die dann bis 2027 weiter gesteigert werden sollen.

Das Landwirtschaftsministerium sieht aktuell acht Prozent Umschichtungen von Finanzmitteln der ersten Säule in die zweite Säule vor, die dann bis 2027 auf 10 Prozent steigen sollen. Allein um das Finanzierungsniveau der Agrarumweltmaßnahmen zu halten, sind 10 Prozent an Umschichtungen notwendig. Wenn der beschlossene Ausbau des Ökolandbaus auf 20 Prozent auch finanziert werden soll, werden in der zweiten Säule erheblich mehr Finanzmittel gebraucht. Beim Anteil an Ökolandbau liegt Deutschland mit knapp 8 Prozent deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Selbst Tschechien hat inzwischen einen Anteil von 15 Prozent Öko-Landbau und Österreich hat 25 Prozent erreicht. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth hält die Gesetzentwürfe des Bundeslandwirtschaftsministeriums für »in allen Bereichen absolut unzureichend«.

Acht Landwirtschaftsminister der Bundesländer von CDU, SPD, FDP und Linke haben sich auf eine gemeinsame Haltung verständigt, die die Reformvorschläge von Landwirtschaftsministerin Klöckner weitgehend unterstützt: Die Mittel aus der ersten Säule für die Öko-Regelungen sollen bei 20 Prozent gedeckelt werden. Wenn die EU mehr Umweltschutz in der ersten Säule beschließt, sollen sogar Finanzmittel aus den Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule in die erste Säule umgeschichtet werden.

Im Superwahljahr zeigen die acht Landwirtschaftsminister der Länder damit offen, dass sie Klimaschutz und Artenschutz nicht stärker unterstützen, sondern die Förderung deckeln wollen. Bleibt zu hoffen, dass der Aktionstag der Bewegung Fridays for Future an diesem Freitag gerade auch den unzureichenden Klimaschutz der deutschen Agrarminister in den Mittelpunkt rückt.

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