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Sex mit Klasse
Charlotte Szász hadert mit einer neuen linken Frauenzeitschrift
Es gab hierzulande eine Zeit, in der sich linke Frauen gegen »Brigitte«, »Bunte« und teils auch »Emma« stellten. Sie lasen lieber Zeitung, eine Zeitschrift oder den Klassiker: ein Buch. Ohne immer »Frauen« davor.
Nun gibt es wieder eine neue linke - Achtung! - Frauenzeitschrift. Sie heißt »Lux« und kommt aus New York City. Die erste Ausgabe fand international Beachtung. Und anscheinend hat der Hochglanz seit der Wortschöpfung »fully automated luxury communism« Einzug in die linke Presselandschaft gehalten. Allein der Begriff »Champagnersozialismus« löst unter den Millennials blubbernde Freudentränen aus. Doch fragt man sich nach dem Lesen nicht: »Wo ist der nächste linke Kreisverband?«, sondern eher: »Wieso ist alles so bunt?!« Das Layout einer Zeitung ist eine Kunst für sich, aber muss man es so übertreiben? Feminismus, selbst in Times-New-Roman-Schrift gesetzt, ist nicht notwendigerweise unsinnlich. Das Strohige, Sperrige und Schwierige der klassischen Layouts hat auch etwas für sich. Wir müssen hinschauen und genau lesen. Es muss ja nicht gleich wuchtig wie »Die Schwarze Botin« sein, aber muss es sich alternativ dann so lesen lassen, als würde einem etwas verkauft?
Im Editorial muss der Feminismus selbst noch beworben werden, also könnte man Dinge, die selbstverständlich sein sollen, nicht auch ebenso behandeln. Wir lesen: »Feminismus ist relevant« und »Wir sehen ihn gerade überall«. Es könnte auch um Glitzer-Lidschatten in Nude-Optik gehen. Oder um Kim Kardashians Shapewear. »Lux« verweist im Namen auch auf Rosa Luxemburg, die hier »creative thinker« genannt wird. Das ist ein bisschen cringe. Weiter heißt es: »Die Menschen sehnen sich nach einem Feminismus, der die Macht tatsächlich herausfordert, aber die sichtbarsten feministischen Institutionen sind keine große Hilfe.« Eine starke These. Insbesondere angesichts dessen, dass basale feministische Strukturen wie Frauenhäuser oder Frauenmedizin, die schon immer ihre Arbeit machen, gerade gehörig unter Druck stehen. Schlagwortartig geht es dann gegen »identity politics« und irgendwie um »body positivity feminism«. Und um »community«.
Auf das Editoral folgt die Rubrik »Personal, Political« mit einem Text über Blumen. Er ist komplett in der Ich-Perspektive geschrieben. Ein Artikel über die arabische Sprache hat schöne Schriftzüge am Rand. Die nächsten Seiten: Eine Vergewaltigungsgeschichte. Eine Abtreibungsgeschichte. Alles sehr persönlich und wenig politisch. Dann Buchrezensionen zu den einschlägigen, für die Insta-Story relevanten Themen. Den Aufschlag macht »Guter Sex und wie wir ihn bekommen«. Außenpolitik, Innenpolitik, Wirtschaft? Fehlanzeige. Sind das keine Themen für sozialistische Frauen? Dann wenigstens »Faltencremes gegen Stress im Patriarchat«? Oder: »Wie man sich aus Gelnägeln Krallen basteln kann, um Männer fernzuhalten«? Auch nicht.
Hübsche Bildchen mit ein paar Orchideen, die aussehen wie Klitorides (der Plural von Klitoris). Werden hier Blumen beworben? Nein, es ist kein »Gardena«-Katalog! Es ist eine Zeitschrift von Frauen für Frauen! Zugegeben, das Wortspiel unter der Blume - »It’s sex, with class!« (Sex mit Klasse) - ist witzig. Doch man kennt das, manchmal ist die Werbung einfach besser als das Produkt. Marketing ist alles im Spätestkapitalismus. Aber man kann auch darin untergehen. Das sollte eine Mahnung sein.
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