Moderne Technik trifft historischen Ort

Das jüdische Museum in Halberstadt eröffnet eine neue Dauerausstellung

  • Uwe Kraus, Halberstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist alles etwas anders 2021 im Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. So auch in Sachsen-Anhalt, im Halberstädter Berend Lehmann Museum, das sich nicht nur in der jüdischen Welt einen guten Namen gemacht hat. Warten die Ausstellungsgestalter gewöhnlich bis zum letzten Moment auf den Katalog ihrer Exposition, liegt der Begleitband »Koscher, Klaus & Kupfer« für die neue Dauerausstellung in der Halberstädter Judenstraße bereits vor. Dabei wird die Schau erst am 16. Mai eröffnet.

»Die Handwerker sorgen gerade dafür, dass Inklusion, Brand- und Denkmalschutz unserer historischen Bausubstanz angepasst werden«, erläutert Jutta Dick, langjährige Direktorin der Moses Mendelssohn Akademie. So wie sie einst beim Aufbau des Berend Lehmann Museums beteiligt war und mit den Jahren rund 50 Sonderausstellungen in der Klaussynagoge betreute, bereitet sie jetzt die neue Schau mit. »Unsere Gäste leiten wir per Handy durch die Räume. Mit den Medienstationen paaren sich moderne Technik und historische Orte.« Eine der Änderungen betrifft die bekannte Bildwand mit Fotos Hunderter ehemaliger jüdischer Halberstädter: Über einen Touchscreen gibt es in Deutsch und Englisch Informationen. Ziel sei es, laut Jutta Dick und ihrem Mitstreiter Tom Pürschel, die Sammlung des Hauses »schrittweise online zu stellen«.

Um manche Ausstellungsstücke wird man unterdessen sogar in Israel beneidet. »Schenkungen ehemaliger Halberstädter, Auktionserfolge, die wir dank deren Hinweise weltweit erzielten, all das ermöglicht das, wovon so eine Einrichtung träumt: Authentische Objekte am authentischen Ort zu präsentieren.«

Zu den Schätzen zählt das Poesiealbum von Ruth Oppenheimer ebenso, wie Tora-Wimpel der Hirsch, aber auch das erst 2015 unweit des Museums zwischen zwei Wänden entdeckte Geschäftsbuch des Kaufmannes Melcher Isaac von 1749, welches das jüdische Alltagsleben jener Zeit nachzeichnet. Gerade hat Jutta Dick in New York den Pokal für das Berend Lehmann Museum ersteigert, den die Jugend der jüdischen Gemeinde Halberstadt 1863 ihrem neuen Rabbiner Benjamin Hirsch Auerbach überreichte.

Die Moses Mendelssohn Akademie gilt längst als Brückenbauerin. Über die Jahre kehrten ehemalige Halberstädter in die Stadt ihrer Eltern und Großeltern zurück und bleiben ihr verbunden: ob die fast 100-jährige Judith Biran, Julia Hirsch aus New York oder Lillyan Rosenberg, deren Leben ein Kindertransport nach Großbritannien rettete.

Da Halberstadt einer von wenigen Orten in Deutschland ist, an denen ein nahezu komplettes Ensemble von baulichen Zeugnissen an die jüdische Tradition erinnert, kann die Ausstellung an zwei authentischen Orten präsentiert werden: In der Klaussynagoge - dem ehemaligen jüdischen Lehrhaus - werden Grundlagen des Judentums vermittelt, und im einstigen Gemeinde-Mikwenhaus wird die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichende wechselvolle Geschichte der Halberstädter Juden im Kontext der Geschichte der Juden im europäischen Raum erzählt. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt stimmte kürzlich einer mehrjährigen Förderung der Akademie mit ihrem Museum zu.

Staatskanzleichef Rainer Robra (CDU) spricht von einem wichtigen Zeichen, dass die »Verantwortung für den Erhalt und die Pflege des jüdischen Erbes in Sachsen-Anhalt« unterstreiche. »2024 soll dann unser Neubau stehen, der modernsten Brandschutz- und Inklusionsvorschriften folgen wird«, sagt Jutta Dick. Über sechs Millionen Euro werden für den Bau gleich neben dem Kantorenhaus in der Bakenstraße investiert. Damit wolle man in moderner Gestaltungssprache im historischen Ambiente Menschen mit körperlichen Einschränkungen den Zugang zum Foyer ermöglichen, der im gegenwärtigen Gebäude nur eingeschränkt möglich ist. In diesem Bauwerk finden zudem Konzerte und Seminare statt. Jutta Dick drückt die Daumen: »Jetzt hoffen wir aber erst einmal, dass die Exponate per Flugzeug aus der weiten Welt hier pünktlich zur Eröffnung der Dauerausstellung eintreffen. Denn Cargo-Raum bleibt in Corona-Zeiten knapp.«

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