- Berlin
- Corona-Maßnahmen
Rot-Rot-Grün nimmt Firmen in die Pflicht
Unternehmen werden zu Tests und Homeoffice verpflichtet, ins Museum geht es nur mit Negativtests
Die Lockerungen werden nicht zurückgenommen. So hat es der Berliner Senat am Samstag trotz steigender Infektionszahlen und der Ausweitung der gefährlicheren britischen Virusmutation beschlossen. Die Corona-Maßnahmen sollen aber durch eine deutliche Ausweitung von Corona-Tests abgesichert werden, erklärten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie seine Stellvertreter Klaus Lederer (Linke) und Ramona Pop (Grüne). So ist ab Mittwoch ein negativer Corona-Test Voraussetzung dafür, um in Geschäften einkaufen gehen zu können. Dasselbe gilt für Friseurbesuche und Museen, aber nicht für Supermärkte, Apotheken oder Drogerien.
Damit weicht Berlin von der Einigung zwischen Bund und Ländern von Anfang März auf eine sogenannte Notbremse ab. Danach müssten Lockerungen der vergangenen Wochen zurückgenommen werden, wenn die Inzidenz stabil bei über 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen liegt. In Berlin liegt der Wert seit mehreren Tagen über dieser Schwelle. Nach dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung vom Samstag betrug er 138,6.
Zu den Lockerungen, die in Berlin seit Anfang März gelten, zählen eine leichte Entschärfung der Kontaktbeschränkungen, offene Blumenläden oder Gartenmärkte und erweiterte Einkaufsmöglichkeiten auch in anderen Geschäften. Kosmetiksalons, Museen oder Galerien durften öffnen, die Möglichkeiten für Sport im Freien wurden erweitert. Zusammenkünfte mit fünf Personen aus zwei Haushalten sind erlaubt, plus Kinder unter 14 Jahren, das gilt auch über Ostern.
Eine Verschärfung der Regeln gibt es für Unternehmen. Sie müssen ihren Mitarbeiter*innen künftig zwei Mal in der Woche einen Corona-Test ermöglichen. Eine Testpflicht besteht allerdings nicht. Außerdem sollen Firmen künftig 50 Prozent ihrer Büroarbeitsplätze im Homeoffice anbieten. Dadurch soll der Anteil der Beschäftigten, die nicht mehr zum Arbeitsplatz pendeln müssen, sondern zu Hause arbeiten, deutlich erhöht werden. So könnten sich Kontakte verringern lassen und die Corona-Pandemie ausgebremst werden, hieß es.
Die Unternehmerverbände des Landes reagierten eher »not amused« auf die neue Verordnung. »Die Beschlüsse des Senats wirken wie ein Misstrauensvotum der Politik gegenüber der Wirtschaft«, schimpfte der stellvertretende UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp am Sonntag. Man brauche keine Nachhilfe, die meisten Beschäftigten arbeiteten dort, wo es möglich ist, längst in den eigenen vier Wänden.
»Wer heute noch im Büro arbeitet, ist entweder für den Kernbereich eines Unternehmens absolut unverzichtbar oder hat nicht die Möglichkeit, Zuhause angemessen zu arbeiten. Mindestens jeder zweite Arbeitsplatz ist überhaupt nicht Homeoffice-fähig«, erklärte Schirp und beklagte die zusätzlichen Kosten für die angeschlagenen Unternehmen.
Auch die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK), Beatrice Kramm, glaubt, dass der Senatsbeschluss »mit seinen bürokratischen Auflagen für zusätzliche Belastung und Verunsicherung bei den Betrieben und auch den Beschäftigten sorgt«. Hinzu komme die Frage nach der praktischen Überprüfbarkeit der neuen Verordnungen und der praktischen Umsetzung in Fällen, wo mehr als die Hälfte der Beschäftigten einzelner Unternehmen das Homeoffice ablehnten. Die IHK Berlin fordert zwar eine massive Ausweitung der Tests, um Ansteckungsketten frühzeitig zu unterbinden, will aber auch Öffnungsperspektiven damit verknüpfen und kleinere Betriebe nicht noch stärker finanziell belasten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.