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Linke Ansätze für den Strukturwandel in Kohlerevieren
Soziale und kulturelle Infrastrukturen in ländlichen Räumen sollen gefördert werden
Die langjährige Prägung des Dreiländerecks zwischen Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen durch den Braunkohleabbau ist bis heute sichtbar. Nachdem die meisten Tagebaue entweder schon in der DDR-Zeit oder kurz nach der politischen Wende im Zuge der Treuhand-Abwicklungen geschlossen wurden, sind drei Abbaugebiete aktuell noch in Betrieb: die Tagebaue Profen und Vereinigtes Schleenhain des Zeitzer Unternehmens Mibrag sowie der Tagebau Amsdorf.
Doch auch diese Flächen werden nicht mehr lange bestehen bleiben: Im Sommer 2020 verabschiedete der Bundestag das Kohleausstiegsgesetz, nach dem die in Mitteldeutschland bestehenden großen Kraftwerke bis 2034 (Kraftwerk Schkopau) und 2035 (Kraftwerk Lippendorf) vom Netz gehen sollen.
Bedeutet: Ostdeutschland, inklusive der ebenfalls vom Braunkohleabbau geprägten Lausitz, steht nach 30 Jahren vor einem erneuten Strukturwandel - ein Begriff, der aufgrund der jüngeren Geschichte mit Arbeitsplatzverlusten und Biografiebrüchen bei vielen Menschen nur Schaudern auslöst. Die Angst in der Bevölkerung vor der nächsten, wegen des Klimawandels jedoch unumgänglichen Transformation ist groß. Zahlreichen Ostdeutschen drohen der Verlust ihrer Arbeitsplätze und Perspektiven: Einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus dem Jahr 2019 zufolge wird der Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier knapp 3600 direkt in der Kohlewirtschaft Beschäftigte betreffen. Indirekt hängen 2100 bis 3600 Beschäftigte an der Kohleindustrie, weitere 27 000 Menschen arbeiten in den energieintensiven Industrien.
Was also tun, um einerseits das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen und andererseits Arbeitsplätze in der Region zu sichern? Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat in einer aktuellen Studie Ansatzpunkte einer sozial-ökologischen Transformation festgehalten. Darin fordern die Autor*innen Anna Schüler, Hendrik Sander und Bastian Siebenmorgen, den Transformationsprozess zu demokratisieren und die Mibrag stärker zu regulieren oder in die öffentliche Hand zu überführen. »Der Strukturwandel verläuft in Sachsen-Anhalt bisher in traditionellen politischen und verwaltungstechnischen Bahnen. Dadurch entsteht für die Menschen in den Landkreisen der Eindruck, der Prozess sei intransparent und nicht an ihren Bedürfnissen orientiert«, heißt es in der Studie. Zur Mibrag formulieren die Autor*innen: »EPH (der Haupteigentümer der Mibrag) hat in den vergangenen Jahren die Strategie verfolgt, auf ein Scheitern der Energiewende und eine Verlängerung der Kohleverstromung zu spekulieren oder noch möglichst viele Gewinne aus der Kohle abzuschöpfen.« Ein weiterer in der Studie festgehaltener Ansatzpunkt ist die Förderung der sozialen und kulturellen Infrastrukturen im ländlichen Raum.
Zumindest an Geld soll es nicht mangeln. Der Bund beschloss, in die vom Kohleausstieg betroffenen Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen bis zu 40 Milliarden Euro bis 2038 fließen zu lassen. Zudem einigte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den Kohleländern über ein 260 Millionen Euro schweres Sofortprogramm für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen. Doch reicht das? »Die Bürger wollen mitreden«, sagte Katja Bahlmann, die für die Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt sitzt, bei der Vorstellung der Studie am Montag. In Gesprächen mit den Menschen vor Ort habe sie immer wieder die Angst vor einem erneuten Umbruch bemerkt, so Bahlmann.
Karsten Priedemann vom DGB Sachsen-Anhalt merkte zudem an, dass die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze eine Herausforderung werden könnte. Er bezweifelte, dass große Firmen wie BMW und Mercedes nach Zeitz kommen werden. Priedemann regte eine Existenzgründeroffensive an und forderte zudem ein Tariftreuegesetz, nach dem öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die Tariflohn zahlen. Für ein neues Vergabegesetz setzen sich SPD, Grüne und Linke auf Landesebene ein.
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