Oberbürgermeister von Halle vorläufig suspendiert

Mehrheit des Stadtrats untersagt Bernd Wiegand (parteilos) wegen Impfaffäre Dienstgeschäfte

  • Lesedauer: 3 Min.

Halle. Wegen der Affäre um vorzeitige Impfungen ist Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) vom Dienst suspendiert worden. Der Stadtrat stimmte am Mittwoch auf einer Sondersitzung in Halle mehrheitlich für einen Antrag der Fraktionen von SPD, Grünen, Linken und FDP, mit dem Wiegand vorläufig die Dienstgeschäfte verboten werden. Wie es weiter aus Fraktionskreisen hieß, schloss sich die CDU dem Antrag an.

Insgesamt votierten 34 Stadtratsmitglieder für die Suspendierung. 13 stimmten dagegen und ein Mitglied enthielt sich. Wiegand hatte eingeräumt, bereits im Januar eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten zu haben, obwohl er laut den Priorisierungsvorgaben der Ständigen Impfkommission noch nicht an der Reihe war.

Die vorzeitigen Impfung begründete der Oberbürgermeister damit, dass übrig gebliebene Impfdosen vor dem Wegwerfen bewahrt werden sollten. Er weist die Vorwürfe der Vordrängelei vehement zurück. Wiegand erklärte wiederholt, niemand habe sich rechtlich etwas vorzuwerfen, »meiner Auffassung nach auch moralisch nichts, weil das Impfmittel ansonsten hätte vernichtet werden müssen«.

Der Oberbürgermeister hatte zugleich teilweise widersprüchliche Angaben zu den Vorwürfen gemacht und zunächst behauptet, die Impfkandidaten seien durch eine Art Zufallsgenerator ausgewählt worden. Dies stimmte nicht.

Der OB gab an, niemand anderes von der Prioritätenliste hätte für eine Impfung spontan zur Verfügung gestanden. Dem widersprechen laut Medienberichten die bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die wegen möglicher veruntreuender Unterschlagung von Impfdosen ermittelt. Zudem wurden auch Mitglieder des Katastrophenstabes der rund 240.000 Einwohner zählenden Stadt und Beigeordnete vorzeitig geimpft. Wiegand soll laut den Ermittlungen Druck ausgeübt haben, diese Impfungen wie auch seine eigene geheim zu halten. Wie sich herausstellte, wurden mehrere Stadträte ebenfalls vorzeitig gegen das Virus geimpft. Einige davon haben sich dafür öffentlich entschuldigt.

Das zeitweilige Verbot der Dienstgeschäfte ist auf Grundlage des Beamtenstatusgesetzes möglich und kann nach Angaben aus Fraktionskreisen auf unbestimmte Zeit laufen, bis ein Ergebnis eines Disziplinarverfahrens vorliegt oder die Staatsanwaltschaft Ergebnisse ihrer Ermittlungen präsentiert.

Die Fraktionen im Stadtrat, die die Suspendierung Wiegands beantragt hatten, rechnen damit, dass er dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen wird. Ein Eilantrag gegen die Verfügung zum Verbot der Dienstgeschäfte sei möglich.

Gegen Wiegand läuft bereits ein Disziplinarverfahren des Landesverwaltungsamts in Sachsen-Anhalt. Geprüft werden mögliche Dienstvergehen aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Einhaltung der Impfabfolge. Im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Halle die Diensträume von Wiegand durchsuchen lassen.

Wiegand ist seit 2012 Oberbürgermeister in Halle. Im Oktober 2019 wurde der Diplomverwaltungswirt wiedergewählt. Der gebürtige Braunschweiger war schon damals nicht unumstritten. Er stand wegen Untreue vor Gericht, weil er enge Mitarbeiter zu Unrecht in höhere Gehaltsstufen eingruppiert haben soll. Er wurde aber rechtskräftig freigesprochen. Agenturen/nd

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