Mietschulden sind der häufigste Grund

fragen & antworten zu Zwangsräumungen von Wohnungen

  • Ulrich Jonas
  • Lesedauer: 3 Min.

Warum ist das so? Und was geschieht überhaupt, bevor es zu einer Zwangsräumung kommt? Dazu Fragen & Antworten.

Wann kommt es zu einer Zwangsräumung?

Auch wenn es keine Statistiken darüber gibt: Mietschulden dürften der häufigste Grund für eine Zwangsräumung sein. Nach dem Gesetz darf ein Vermieter eine außerordentliche fristlose Kündigung aussprechen, wenn er dafür »einen wichtigen Grund« hat (Bürgerliches Gesetzbuch BGB), Paragraf 543).

Als solcher Grund gilt, wen ein Mieter in zwei aufeinanderfolgenden Monaten die Miete nicht fristgerecht oder nur zu einem unerheblichen Teil gezahlt hat oder für einen längeren Zeitraum mit mehr als zwei Monatsmieten in Verzug ist. Gelingt es dem Mieter, spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage die Schulden - etwa mit Hilfe des Sozialamts - zu begleichen, wird die Kündigung unwirksam (BGB, Paragraf 569) und die Klage hinfällig. Erfolgt keine Tilgung, gibt das Amtsgericht der Räumungsklage in der Regel statt, und der Vermieter ist berechtigt, einen Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung zu beauftragen.

Wer kann dafür sorgen, dass Zwangsräumungen gestoppt werden?

In vielen Fällen übernehmen Sozialämter und Jobcenter Mietschulden, weil es den Staat auf längere Sicht billiger kommt, Obdachlosigkeit infolge von Zwangsräumungen zu verhindern. In Städten wie Hamburg gibt es dafür spezielle Fachstellen für Wohnungsnotfälle. Allerdings dokumentieren auch die nicht, was aus den Menschen wird, die zwangsgeräumt werden.

Zudem zieht das Gesetz Grenzen: Innerhalb von zwei Jahren kann ein Mieter nur einmal eine fristlose Kündigung mit Hilfe einer Nachzahlung abwenden (BGB, Paragraf 569). Die Räumung verhindern können dann nur noch das Gericht oder der Gerichtsvollzieher, wenn diese »wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist« (Paragraf 765a Zivilprozessordnung) - etwa wenn bei dem Betroffenen eine Suizidgefahr besteht.

Was sagen die Gerichte zu Zwangsräumungen in der Corona-Krise?

In einigen Urteilen haben Gerichte Mietern mit Verweis auf die Pandemie verlängerte Räumungsfristen eingeräumt. So entschied das Landgericht Berlin, eine solche Verlängerung sei zu gewähren, wenn unter den gegebenen Umständen die Anmietung einer neuen Wohnung praktisch unmöglich ist und bei Einhaltung der ursprünglichen Räumungsfrist dem Mieter die Obdachlosigkeit droht (Landgericht Berlin, Az. 64 T 40/20).

Allerdings, so das Amtsgericht München (Az. 1539 M 42463/20), reicht für einen Antrag auf Verlängerung der Frist eine allgemeine Bezugnahme auf die andauernde Pandemie nicht aus.

Das Amtsgericht Düsseldorf (Az. 43 C 263/18) entschied, dass bei der Gewichtung die Interessen des Vermieters zu beachten seien, weil dessen Möglichkeiten zu einer zügigen Weitervermietung infolge der Pandemie begrenzt seien.

Warum ist die Datenlage so dünn?

Eine amtliche bundeseinheitliche Statistik zu Zwangsvollstreckungsaufträgen für Wohnungen und deren Vollzug wird nicht erstellt. Der Deutsche Gerichtsvollzieherbund (DGVB) zählte für 2019 gut 50 000 Vollstreckungsaufträge bundesweit, die neben Wohnungen - wenn auch nur zum kleinen Teil - auch Geschäftsräume betrafen. Zahlen für das Jahr 2020 liegen dem DGVB noch nicht vor. epd/nd

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