Zellenmix von Mensch und Affe
Umstrittene Forschung will Weg zur Züchtung von Spenderorganen ebnen
Wissenschaftler haben Embryonen aus Zellen von Mensch und Affe erzeugt. Sie spritzen menschliche Stammzellen in wenige Tage alte Embryonen von Javaneraffen. Das Team um Juan Carlos Izpisua Belmonte vom Salk Institute for Biological Studies in La Jolla (Kalifornien) präsentiert seine Arbeit im Fachmagazin »Cell«. Einige der Embryonen entwickelten sich für knapp 20 Tage im Labor weiter und enthielten ein Zellgemisch beider Arten. Ausgereifte Lebewesen entstanden bei den Versuchen nicht. Langfristiges Ziel dieser ethisch umstrittenen Forschung ist es, menschliche Organe oder Gewebe in Tieren zu züchten, um damit etwa dem Mangel an Spenderorganen zu begegnen.
Der Stammzellforscher Hans Schöler sieht die Studie als »spannende Grundlagenforschung«. Die tatsächliche Züchtung von Organen in solchen Chimären - Mischwesen unterschiedlicher Arten - sei jedoch noch »ganz ganz fern«, sagt der Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, der nicht an der Studie beteiligt war.
Die Wissenschaftler bauten mit ihrer Studie auf früheren Untersuchungen auf, bei denen sie Mischembryonen aus Zellen von Mensch und Schwein erzeugt hatten. Dabei wurden nur sehr wenige menschliche Zellen in das Gewebe der Schweine integriert, vermutlich aufgrund der großen evolutionären Distanz zwischen den beiden Arten. Mit den Javaneraffen (Macaca fascicularis), wählten die Forscher nun einen näheren Verwandten und erzielten tatsächlich bessere Ergebnisse.
Als Organlieferanten sollen die Mensch-Affen-Chimären nicht dienen. Die Forscher wollen mit ihren Experimenten vor allem Grenzen und Möglichkeiten der Technik ausloten und frühe Entwicklungsvorgänge im Embryo untersuchen. Für medizinische Anwendungen wie die Züchtung von Organen böte sich schon aus wirtschaftlichen und ethischen Erwägungen eher die Nutzung von Schweinen an.
Gerade die Erzeugung chimärer Blastozysten (frühe Embryostadien) mit menschlichen Zellen werfe besondere ethische Fragen auf, schreiben Henry Greely von der Stanford University und Nita Farahany von der Duke University in einem in »Cell« veröffentlichtem Kommentar zur Studie. Schließlich könnten sich die menschlichen Zellen im sich entwickelnden Embryo ausbreiten und sich zu unterschiedlichen Zelltypen entwickeln. Aspekte etwa des Tierschutzes oder dem Umgang mit menschlichen Spenderzellen seien deshalb kritisch zu prüfen. dpa/nd
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