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- Staub in Berlin
Feinstaubalarm beim Fensterputz
nd-Wissenschaftsexperte Steffen Schmidt weiß, warum in Berlin so viel Feinstaub rumfliegt
Steffen, ich habe kürzlich das Badezimmerfenster geputzt. Dabei ist mir Staub aufgefallen, der sich bis in den Rahmen ausgebreitet hat. Wo kommt der her?
Erstens wird in Berlin viel gebaut. Und Baustellen sind eine gängige Quelle für Staub aller Art und Größe. Zweitens leben wir in einer ziemlich sandigen Gegend. Und drittens: Im Sommer gibt es viele Waldbrände. Aber den gefährlichsten Staub siehst du gar nicht.
Das ist der sogenannte Feinstaub?
Ultrafeinstaub. Unter zweieinhalb Mikrometer große Körnchen, also deutlich kleiner, als ein menschliches Haar dick ist.
Und der Autoverkehr? Welche Rolle spielt der?
Beim Ultrafeinstaub eine große. Beispielsweise als Ruß aus dem Auspuff. Der mengenmäßig größere Anteil des Feinstaubs im Straßenverkehr ist gröber. Und der kommt nicht aus dem Auspuff, sondern vom Abrieb der Reifen. Zudem wird fein zermahlener Dreck auf den Straßen von den Autos noch feiner zermahlen und aufgewirbelt. Insbesondere an stark befahrenen Kreuzungen sind da die Konzentrationen sehr hoch.
Der Dreck bleibt nicht nur an meinem Fenster hängen, den atmen wir auch ein. Wie gefährlich ist das?
Der von dir weggeschrubbte Feinstaub ist etwas gröber und kommt in der Regel nicht tief in die Lunge. Die Ultrafeinstäube dagegen atmet man ziemlich tief ein. Das kann sogar in den Blutkreislauf übergehen.
Das hört sich nicht gut an.
Ist es auch nicht. Es gibt Hinweise darauf, dass sich durch sehr feinen Staub Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermehren. Ein erhöhtes Krebsrisiko kann ebenfalls die Folge sein. Es gibt Studien, die zeigen, wie das zustande kommt.
Wenn ich behaupte, der Autoverkehr in unseren Städten bringt Menschen durch Feinstaub um, stimmt das dann?
Eine exakte Mortalitätsrate kann man dem Autoverkehr in Bezug auf Feinstaub nicht zuschlagen. Allerdings ist er anderweitig für genügend Tote verantwortlich, nämlich durch Unfälle. Die allerdings gibt’s nicht nur in Städten.
Mitte Februar hat das Umweltbundesamt einen Index veröffentlicht, der über die Luftqualität in Deutschland Auskunft gibt. In weiten Teilen des Landes ist die Qualität schlecht. Das hat offenbar mit dem Winter zu tun.
Ganz sicher sogar.
Warum ist im Winter die Luft schlechter als im Sommer?
Im Winter wird mehr verbrannt als im Sommer. Es gibt nach wie vor Heizungssysteme bei uns, die mit Öl, Holz und Kohle befeuert werden. Zudem gibt es im Winter oftmals Wetterlagen mit relativ wenig Wind, wo dann der Qualm, der aus den Schornsteinen austritt, hängen bleibt.
Du kennst doch bestimmt die Bilder aus China oder Südamerika, wo über den Städten eine Art Dunstglocke hängt.
Na klar. Bei uns in Berlin war das früher ähnlich. In meiner Schulzeit in den 70er Jahren wurde das Kraftwerk Klingenberg noch mit Kohle und ohne Rauchgasentschwefelung betrieben. Da zog mal eine Art Nebel über das Schulgelände. In der Hofpause habe ich davon einen mittleren Asthmaanfall bekommen.
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