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Plakat des Anstoßes
Die Linke in Sachsen-Anhalt erntet wegen Wahlwerbung mit »Wessi«-Slogan heftige Kritik
Ein »Volltreffer« sei das Plakat, da ist sich Eva von Angern sicher. »Nehmt den Wessis das Kommando« - so lautet der Spruch darauf, bildlich veranschaulicht durch einen großen, an der Leine geführten Hund. Mit der Präsentation dieses Motivs bei der Vorstellung der Plakatkampagne zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni hatte die Spitzenkandidatin der Linken vergangenen Freitag in Magdeburg für Aufsehen gesorgt und viel Kritik aus CDU und SPD, aber auch von den Grünen geerntet. Der Tenor: Der Spruch diskriminiere alle Westdeutschen.
Nun sieht sich die gebürtige Magdeburgerin von Angern zur Verteidigung genötigt: »Die Heftigkeit in der Debatte zeigt, dass es wahr ist und wir einen Nerv getroffen haben«, sagt die 44-Jährige mit Verweis auf fortbestehende Unterschiede zwischen Ost und West und auf die fehlende Repräsentanz der Ostdeutschen. Die Führungspositionen seien drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung immer noch dominant von Westdeutschen belegt, etwa in der Landesverwaltung, an den Gerichten oder an den Hochschulen. Im Kabinett von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff gebe es lediglich zwei ostdeutsche Fachminister. Das treibe viele Bürger um.
Das Problem: Über reale Probleme wie weniger Lohn und geringere Tarifbindung wird in Sachsen-Anhalt aktuell gar nicht geredet, sondern vor allem über das Plakat. Selbst Linke sind verärgert. In den Onlinemedien wird höhnisch gefragt, ob der aus Niedersachsen stammende Thüringer Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow nun zurücktreten müsse. Katja Müller, Vorsitzende der Linken im Stadtrat von Halle, sagte dem »nd«: »Im Wahlkampf geht es auch mal hart zur Sache. Aber dieses Plakat verschärft in seiner Tonalität eher den Konflikt zwischen Ost und West, als dass es zur Angleichung beiträgt.«
Klar ist: Das Plakat hat viel Aufmerksamkeit erzeugt, und genau das war das Ziel. Denn die aktuellen Umfragewerte sind bescheiden: Nur zwölf Prozent der Sachsen-Anhalter würden aktuell für die Linke stimmen. Und die Spitzenkandidatin ist der Mehrheit der Bürger nicht bekannt.
Aber ist Aufmerksamkeit um jeden Preis eine erfolgversprechende Strategie? »Natürlich ist die Wortwahl heftig. Auch für mich als Spitzenkandidatin war es eine gewisse Hürde, einem solchen Plakat zuzustimmen«, sagte die im Landtag eher als konstruktiv-kritisch geschätzte von Angern gegenüber »nd«. Aber: »Wenn wir nur lieb sind, finden die bestehenden Ungerechtigkeiten zu wenig Beachtung.« Unbestritten ist, dass Ostdeutschland immer noch dem Westen hinterherhinkt. Laut Bericht des Ostbeauftragten der Bundesregierung zu 30 Jahren Einheit ist die Wirtschaftskraft in den östlichen Bundesländern bei gerade einmal knapp 80 Prozent des Bundesschnitts angekommen. Auch die Einkommensunterschiede sind nach wie vor gewaltig: Die fünf ostdeutschen Flächenländer und Berlin sind in diesem Punkt weiterhin die Schlusslichter, zuzüglich des Saarlandes.
Olaf Meister, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Magdeburger Landtag, bestätigt, dass Sachsen-Anhalt wirtschaftlich und sozial schlechter dasteht als der Westen: »Das ist ein Zustand, den wir nicht wollen. In dieser Frage gibt es zwischen den demokratischen Parteien auch keinen großen Dissens. Aber: Um aufzuschließen, brauchen wir ein weltoffenes Land.«
Sonderbar ist indes, dass ausgerechnet dieser »Volltreffer« nicht im Wahlkampf eingesetzt werden soll, sondern nur als einmalige Provokation gedacht war. Eva von Angern betont: »Es war nie geplant, das Plakat zu hängen.«
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