Klagen gegen Kohlekraftwerk Wedel abgewiesen

Verwaltungsgericht Schleswig sieht keine Belege, dass »Partikelregen« Sach- und Gesundheitsschäden verursacht

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwölf Bürger aus Wedel, die sich gegen ständigen, dem Kohlekraftwerk in ihrer Nachbarschaft zugerechneten Partikelausstoß juristisch zur Wehr setzen wollten, sind am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Schleswig gescheitert. Ob sie in die nächste Instanz gehen, haben sie noch nicht entschieden.

Seit 2016 ärgern sich die Anwohner des in den 60er Jahren erbauten Kraftwerks, das als ältestes mit Steinkohle betriebenes in der Bundesrepublik gilt, über ständigen Partikelregen. Dreckkrümel entdecken sie in ihren Gärten, auf Terrassen, Wintergärten und auf ihren Autos. Da der Niederschlag nur bei bestimmter Windrichtung zu beobachten ist, lag für die Bürger der Verdacht nahe, dass er vom Kraftwerk kommt. Doch sowohl der Energiekonzern Vattenfall als auch die Wärme Hamburg GmbH, die den Meiler seit September 2019 betreibt, wiesen das stets zurück.

Spaß und Verantwortung

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Das Kraftwerk, für dessen Abschaltung sich Umweltschützer seit Jahren einsetzen, liefert als Heizkraftwerk Wärme für Hamburg. Die umweltrechtliche Aufsicht für den Uralt-Meiler wiederum liegt beim schleswig-holsteinischen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Unzählige Anwohnerbeschwerden wegen mutmaßlicher Gesundheitsgefahren landeten dort. Seit Beginn ihrer Proteste liegen die Anwohner mit dem Amt im Clinch.

Kerstin Lueckow und elf weitere Betroffene entschlossen sich schließlich, die Behörde zu verklagen. Das Ziel: Das Landesamt sollte den Betreiber verpflichten, die Partikelemissionen zu unterbinden oder andernfalls den Kraftwerksbetrieb untersagen.

Lueckow und ihre Mitstreiter befürchten, dass die Partikel die Gesundheit draußen spielender Kleinkinder gefährden. Auch teils münzgroße Lackschäden an Autos nach Niedergang von Partikeln sind ein dauerhaftes Ärgernis. Einige Kläger brachten ihre beschädigten Fahrzeuge quasi als Beweisstücke mit zum Verhandlungstermin. Die Klägerseite hatte der sechsten Kammer des Verwaltungsgerichts 18 Gutachten vorgelegt, die ihre Sicht stützen. Nach Angaben von Lueckow brachten die Anwohner für die juristische Auseinandersetzung bisher 270 000 Euro auf.

Doch das Landesamt präsentierte dem Gericht noch viel mehr Expertisen. Und nach mehr als fünfstündiger Prozessanhörung folgten die Richter den Einschätzungen des Landesamts aus Überzeugung - und nicht etwa nach dem Prinzip »Im Zweifel für den Angeklagten«. Gerichtssprecher Klaus-Martin Meyer teilte mit, dass schädliche Umwelteinwirklungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes nicht zu erwarten und die Auswirkungen der Partikel für die Umgebung als allenfalls über die normale Alltagsverschmutzung geringfügig hinausgehend zu bewerten seien. Somit sei dem Landesamt nichts vorzuwerfen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die vom Landesamt vorgelegten Gutachten von der Klägerseite inhaltlich »nicht substantiiert« angegriffen worden seien.

Kerstin Lueckow zeigte sich bitter enttäuscht. Offenbar erwiesen sich ein Anwaltswechsel während des Verfahrens ebenso als Nachteil wie die Tatsache, dass nur Privatpersonen geklagt haben und keinen Umweltverband mit seinem Know-how als Partner eingebunden haben. Das Gericht stimmte keinem Antrag der Klägeranwälte zu, einem Sachverständigen wurde das Wort nicht erteilt. Darüber, ob sie die Entscheidung anfechten, wollen die Kläger nach Zugang des schriftlichen Urteils entscheiden.

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