Veolia wird noch größer

Französischer Abfall- und Wasserkonzern übernimmt weite Teile des Konkurrenten Suez. Die Gewerkschaften sehen dies kritisch

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Die auf Abfallverarbeitung und Wasserwirtschaft spezialisierten französischen Konzerne Veolia und Suez haben das Kriegsbeil begraben. Am Freitagabend wurde in Paris ein Abkommen über die »Annäherung mit dem Ziel einer Fusion« unterzeichnet. Zuvor hatten die Aufsichtsräte der beiden Gruppen ihre Zustimmung gegeben.

In dem Abkommen wird für die Suez-Aktien ein Kaufpreis von 20,50 Euro je Stück vereinbart, was einem Unternehmenswert von 12,8 Milliarden Euro entspricht. Der Preis ist so hoch angesetzt, dass Veolia damit rechnet, auf dem Finanzmarkt durch ein öffentliches Angebot den Großteil der Suez-Anteile bis zum Ende des dritten Quartals aufkaufen und damit die Fusion vollenden zu können.

Die einander ergänzenden oder gleichartigen Aktivitäten der beiden Konzerne im In- und Ausland sollen zusammengeführt werden, um so aus Veolia einen Weltmarktführer zu machen. So wird der Konzern beispielsweise in den USA und Spanien künftig eine führende Rolle spielen. Dagegen werden andere Aktivitäten ausgelagert und in einem »neuen« Suez-Konzern zusammengefasst, der weitgehende Selbstständigkeit bekommen soll. Vor allem betrifft das die Abfall- und Wasserwirtschaft in Frankreich, wo Suez Veolia weiterhin als Konkurrent gegenüberstehen wird, aber auch Aktivitäten in Italien und Tschechien sowie in Afrika, China und Indien. Darüber haben sich die beiden Konzerne mit den Großaktionären geeinigt. Der französische Fonds Meridiam und die US-Gesellschaft GIP halten demnach mindestens zehn Jahre lang je 40 Prozent und die staatseigene Investitionsbank Caisse des dépôts 20 Prozent der Anteile an der neuen Gruppe. Der »neue« Suez-Konzern wird einen Jahresumsatz von 7 Milliarden Euro haben, während es beim »alten« 17,2 Milliarden waren.

Durch die Übernahme von Suez erhöht sich der Jahresumsatz von Veolia von zuletzt 26 Milliarden auf 37 Milliarden Euro. Während ein früherer Übernahmeversuch im Jahr 2012 an kartellrechtlichen Bedenken gescheitert war, hat Veolia eigenen Angaben zufolge jetzt bereits von den Wettbewerbsbehörden in fünf Ländern - darunter den USA - grünes Licht bekommen.

Den Mitarbeitern von Suez wird die Bewahrung ihrer sozialen Errungenschaften garantiert. Für mindestens vier Jahre wurde ein Schutz vor Arbeitsplatzabbau vereinbart.

Dennoch reagierten die im Suez-Betriebsrat vertretenen Gewerkschaften CFDT, CGT und CFTC nicht gerade begeistert über die Pläne. Sie waren in die Verhandlungen nicht einbezogen und konnten jetzt nur das Ergebnis zur Kenntnis nehmen. »Bei uns kommt keine Freude auf, eher ist das Gegenteil der Fall«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Gewerkschaften. »Wir bedauern die enorme industrielle Vergeudung und die beispiellose soziale Unsicherheit für die Suez-Mitarbeiter.«

Mit dem Kompromiss geht indes nach acht Monaten ein erbitterter Bruderkrieg der Konzernführungen zu Ende, der im August 2020 mit einem Übernahmeangebot durch Veolia begonnen hatte, das Suez als »feindlich« beurteilte und ablehnte. Veolia hatte angeboten, die vom Energiekonzern Engie gehaltenen 29,9 Prozent der Suez-Anteile zu übernehmen und die restlichen breit am Markt verteilten Aktien zu einem Stückpreis von 15,50 Euro aufzukaufen. Das Angebot wurde im Oktober auf 18 Euro erhöht. Da Engie - der ehemalige Staatskonzern Gaz de France - positiv auf dieses Angebot reagierte, hatte Suez einen schweren Stand bei der Abwehr der Attacken von Veolia. Über Monate wurden alle juristischen Möglichkeiten genutzt und sogar eine Stiftung nach niederländischem Recht gegründet, um dort Suez-Aktiva in Sicherheit zu bringen. Letztlich war der durch Veolia und die Suez-Großaktionäre ausgeübte Druck stärker, so dass das Unternehmen in Verhandlungen einwilligte, bei denen es nur noch um Schadensbegrenzung ging.

Die französische Regierung begrüßte jetzt den Kompromiss. Anfänglich gab es Bedenken wegen der ungleichen Ausgangspositionen der beiden Gruppen, doch Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire war von Anfang prinzipiell für eine Fusion und förderte sogar hinter den Kulissen die Annäherung. Für ihn war entscheidend, dass es den beiden Konzernen gemeinsam gelingen werde, »sich in einem zukunftsträchtigen Sektor als Weltmarktführer zu positionieren«. Außerdem wäre keiner von beiden allein gegen eine feindliche Übernahme durch einen ausländischen Konkurrenten gefeit. Und dies hätte nicht nur Arbeitsplätze in Frankreich, sondern auch den Verbleib hier entwickelter innovativer Umwelttechnologien gefährdet. Und so ist die Fusion aus Regierungssicht letztlich wohl alternativlos.

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