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Chile schreibt Geschichte
Martin Ling über die historischen Wahlen zum Verfassungskonvent
Es kann keinen Zweifel mehr geben: Chile ist aufgewacht! Bei den Wahlen der Mitglieder zur Verfassunggebenden Versammlung erlitten die Rechte und Ultrareche Schiffbruch, die auf einer gemeinsamen Liste kandidierten. Das Lager des rechten Präsidenten Sebastián Piñera kam nur auf gut 21 Prozent. Die verschiedenen unabhängigen und linken Listen bis hin zur Mitte-links-Liste rund um das sozialdemokratisch-christdemokratische Lager Concertación, das nach dem Ende der Pinochet-Diktatur von 1990 bis 2010 ununterbrochen regierte, kamen zusammen auf deutlich über 50 Prozent – die parteiunabhängigen Listen schnitten dabei weit über den Erwartungen ab und kommen auf über 30 der 155 Sitze in dem Verfassungskonvent.
Die Rechte hat ihr Minimalziel weit verfehlt: ein Drittel der Sitze im Verfassungskonvent, das eine Sperrminorität sichern würde. De facto kann sie die Ausarbeitung der neuen Verfassung damit nicht mehr blockieren.
Das diverse Lager von linksradikal bis Mitte-links steht nun vor der Aufgabe, sich auf den Text einer neuen Verfassung zu einigen, die dem neoliberalen Modell das endgültige Aus versetzt – ein Modell, das im Gefolge des Putsches gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende 1973 zementiert wurde. Die neue Verfassung hat hohe Ziele: Schluss mit dem privaten Rentensystem, der Privatisierung von Bildung und Gesundheitssystem und der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur. Stattdessen ein Leben in Würde für alle – per Verfassung garantiert!
Noch ist es ein gutes Stück Weges zu gehen, bis zu einer neuen Verfassung und noch länger, bis sie real zur Geltung kommt. Aber mit den Wahlen zum Konvent ist klar: Die Verfassung von 1980, mit der Pinochet das neoliberale System in Chile für alle Zeiten festschreiben wollte, ist bald Geschichte!
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