Zerrspiegel statt Mietspiegel
Eine Reform soll die Aussagekraft der Mietspiegel verbessern - Verbände bezweifeln Wirkung
Einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum gibt es längst nicht nur in Großstädten. Und eine Änderung ist erst mal nicht in Sicht. Eine Möglichkeit zur Regulierung der ständig steigenden Preise sollen Mietspiegel sein, also Erhebungen der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Begründung der Miethöhe. Aber die Wirksamkeit ist begrenzt. So hatte die Bundesregierung bereits Ende Februar einen Gesetzesentwurf zur Reform des Mietspiegelrechts auf den Weg gebracht. Ziel ist, die Aussagekraft von Mietspiegeln zu verbessern und mehr Gemeinden anzuregen, qualifizierte Mietspiegel zu erstellen.
Denn vor allem in letzter Zeit kam es immer häufiger zu Gerichtsverfahren, in denen Vermieter die Mietspiegel infrage gestellt und fehlende wissenschaftliche Grundlagen beklagt haben. Laut Bundesregierung liegt das vor allem an einer fehlenden Datengrundlage, nach der eine realitätsgetreue ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt werden könnte. In Zukunft sollen Vermieter und Mieter daher dazu verpflichtet werden, Auskunft über ihr Mietverhältnis und über die Merkmale der Wohnung zu erteilen. Wer dagegen verstößt, soll mit einem Bußgeld geahndet werden können. Außerdem ist im Entwurf vorgesehen, dass qualifizierte Mietspiegel spätestens alle fünf anstatt bisher alle vier Jahren neu erstellt werden. Diese sind teurer, aber im Gegensatz zu einfachen Mietspiegeln nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Ohne qualifizierte Spiegel ist beispielsweise nicht immer eine rechtssichere Anwendung der Mietpreisbremse möglich.
Die geringe Verlängerung des Betrachtungszeitraums zur Erstellung der ortsüblichen Vergleichsmiete wurde am Donnerstag bei einer öffentlichen Anhörung im Bundestagsrechtsausschuss vom Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, als »Abbild eines Ausschnitts aus der Realität« kritisiert. »Die Neuvertragsmiete von heute ist die Bestandsmiete von morgen. Der Mietspiegel soll aber gerade nicht die Marktmiete abbilden, sondern die Durchschnittsmiete aller auf dem jeweiligen Mietmarkt gezahlten Mieten«, sagte auch die Bundesdirektorin des Mieterbundes, Melanie Weber-Moritz. Es dürften nicht nur die oft sehr hohen Mieten der letzten sechs Jahre berücksichtigt werden. Ein weiteres Problem an der Reform ist laut dem Verband auch, dass keine Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln besteht. Gemeinden müssen weder einfache noch qualifizierte Mietspiegel erstellen. So kommt es, dass es laut einem Report 2020 der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung im Jahr 2020 in 36 der 200 größten deutschen Städte keinen Mietspiegel gab.
Siebenkotten forderte die Verpflichtung zur Erstellung von Mietspiegeln für alle Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern. Dafür müsse auch die Finanzierung sichergestellt werden, denn »die enorme Bedeutung von Mietspiegeln« dürfe nicht an klammen Kassen der Kommunen scheitern.
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