- Kommentare
- Grundrechtereport
Miese Tricks gegen Schwache
Jana Frielinghaus über beschränkte Rechte für Arme und Geflüchtete
Der Grundrechtereport müsste Pflichtlektüre für alle Bundestagsabgeordneten sein, vor allem aber für alle Mitglieder der Regierung. Die Autoren des Berichts halten den Ministerinnen und Ministern in Berlin den Spiegel vor. Was sie da sähen, schauten sie hinein, ist nicht schmeichelhaft. Das gilt unabhängig von der seit mehr als einem Jahr andauernden pandemiebedingten Ausnahmesituation.
Mit der Begründung, man müsse die Infektionszahlen eindämmen, wurden seit Frühjahr 2020 gravierende Eingriffe in die Grundrechte zahlreicher Menschen verfügt. Für viele ist damit zum Beispiel die Streichung des in der Verfassung verbürgten Rechts auf Berufsfreiheit verbunden. Insbesondere Kulturschaffenden und Hunderttausenden in der Veranstaltungsbranche Beschäftigten brach damit das Gros ihrer Einkünfte weg. Versammlungsverbote wurden oft ruppig durchgesetzt, zumindest, wenn sich Kundgebungen etwa gegen Polizeigewalt und Rassismus richteten.
Solche mit dem Infektionsschutz begründeten Restriktionen erscheinen wie pure Heuchelei, zumal sie etwa für Geflüchtete und meist migrantische Niedriglöhner nicht gelten. Sie mussten weiter in beengten Verhältnissen wohnen und arbeiten. Das Leben ohne Abstands- und Hygieneregeln wird Menschen in Sammelunterkünften, die eigentlich nichts miteinander verbindet, sogar in materieller Hinsicht regelrecht vorgeschrieben. Finanziell werden sie wie Familienangehörige behandelt, bekommen also erheblich weniger Sozialleistungen.
Sie bildeten eine »Schicksalsgemeinschaft«, begründet die Regierung das. Zynischer geht es nicht, sollte man meinen. Geht aber doch, denn für Menschen, die nach Afghanistan oder in andere Krisenstaaten abgeschoben werden, gilt das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit ja erst recht nicht.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.