Bücher leuchten nachts

Iris Hanika gewinnt den Preis der Leipziger Buchmesse

Es gibt dieses Jahr keine Leipziger Buchmesse, aber es gibt den Preis der Leipziger Buchmesse. Für Belletristik geht er an Iris Hanika für ihren Roman »Echos Kammern«, einer süffisanten Studie über den stillen Charme der Bourgeoisie und die Städte, in denen fast niemand mehr angenehm wohnen kann außer ihr. Einfach, weil es viel zu teuer ist. Deshalb lacht die Bourgeoisie auch darüber, »dass es überhaupt noch Dinge gibt, die nichts kosten.«

Bücher kann man in diesen Städten auch nicht mehr so richtig schreiben, weil einem dazu nichts mehr einfällt. Wenn überall die »Gespenster des Verwertungszusammenhangs« herrschen, dann kann man nur noch in seinem eigenen Kopf wohnen und sich fragen, was man eigentlich mal wollte, im Leben. Produktive Antworten sind natürlich ausgeschlossen.

Im Zweifelsfall kann man auch die Bourgeoisie beobachten und in sich hineingrinsen. So macht es Hanikas Heldin Sophonisbe, die keine Dichterin mehr sein will. Leider ist sie nur als Dichterin bekannt. Aber das war vor vielen Jahren, das ist schon gar nicht mehr wahr. Jetzt versucht sie, erst New York zu verstehen und dann Berlin, das New York von morgen (rein wohnungstechnisch betrachtet). In New York gilt schon seit Jahren das Prinzip des »Priced out«: Wem die Stadt zu teuer ist, der muss gehen. »Die ganze Stadt sagt ihr in einem fort 'not for you, not for you, nur für die Reichen!' All diese Luxusgeschäfte, all diese schön renovierten Häuser, diese von guten Architekten neu errichteten Wohnungen – not«.

Klar ist: Für Menschen ist das nichts. Aber vielleicht etwas für Bücher? Und wenn man mit Vertretern der Bourgeoisie redet, dann ist das so, als würde man mit einer Sprachlernkassette sprechen. Aber wunderhübsch sind sie, diese Leute. Nur leider sehr dumm. Merke: »Das Leben ist kein Ponyhof. Aber echt nicht.« »Echos Kammern« ist sehr lustig und sehr deprimierend.

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