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Ungetestete Testzentren
Kurt Stenger über ein Versagen, das viele Monate zurückliegt
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Betrügereien bei Testzentren öffentlich werden. Überall, wo bei geringer staatlicher Kontrolle mit wenig Aufwand viel Geld zu machen ist, versuchen auch unseriöse oder gar kriminelle Anbieter ihr Glück. So war es schon bei den Corona-Finanzhilfen für kleine Firmen oder in ganz großem Stil bei der Zerschlagung der DDR-Wirtschaft nach der Wende. Doch es gibt einen Unterschied: Damals stand eine Alternative im Raum – ein langer schonender Übergang in die Marktwirtschaft –, doch der war politisch nicht gewollt.
Bei den Testzentren verhält es sich anders: Hier musste in der dritten Corona-Welle binnen weniger Wochen flächendeckend eine bis dahin nicht existierende Dienstleistung geschaffen werden. Genaue Kontrollen bei der Zulassung und hohe Hürden für den Betrieb hätten dies unmöglich gemacht. Heute werden zig Millionen Schnelltests im Monat durchgeführt, bürgernah und unbürokratisch. Trotz des jetzigen Skandals ist das ein Erfolg.
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Der eigentliche Fehler liegt lange zurück: Im Sommer 2020, als die Infektionszahlen extrem niedrig waren, hätte in Ruhe eine langfristige Teststrategie vorbereitet werden müssen. Dann wären auch die Kontrollen nicht zu kurz gekommen. Damals wollte die Politik nichts davon wissen, obwohl alle Experten vor der nächsten Welle ab Herbst warnten. Es gab ein gemeinsames Versagen der Bundesregierung und auch der Länder. Insofern ist es zu billig, wenn die SPD jetzt CDU-Minister Jens Spahn alleine den schwarzen Peter zuspielen will.
Statt Schuldige zu suchen, braucht es rasche Lösungen. Bund, Kassenärztliche Vereinigungen und Kommunalbehörden sollten, statt auf die anderen zu zeigen, die Zuständigkeit klären und besser kontrollieren. Das wäre auch im Interesse der großen Mehrheit seriöser Betreiber der Testzentren.
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