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Sippenhaft
Selahaddin Gülen, Neffe des Chefs der Gülen-Bewegung, wurde entführt.
Sippenhaft ist noch immer en vogue. Agenten des türkischen Inlandsgeheimdiensts MIT haben einen Neffen des in den USA ansässigen Muslimpredigers Fethullah Gülen gefangen genommen, mutmaßlich in Kenia. Er wurde in die Türkei entführt und soll vor Gericht gestellt werden. Ein Foto der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zeigt ihn in Handschellen zwischen zwei türkischen Flaggen - eine Kriegsbeute.
Der Festgenommene Selahaddin Gülen wäre ein völlig unbeschriebenes Blatt, trüge er nicht einen kompromittierten Nachnamen: Die Regierung von Staatspräsident Erdoğan macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch von 2016 verantwortlich und geht mit allen legalen und illegalen Methoden gegen ihre Anhänger vor; da kommen schon mal Verwandte unter die Räder. Der Vorwurf ist immer der gleiche: Mitgliedschaft in einer »Terrororganisation«. Gemeint ist damit die Gülen-Bewegung.
Die türkische Justiz hatte bei Interpol einen Fahndungsaufruf für Selahaddin Gülen erwirkt. Als dieser am 17. Oktober 2020 in Kenias Hauptstadt Nairobi aus dem Flieger stieg, wurde er verhaftet und zwei Tage später auf Kaution wieder freigelassen. Die Türkei verlangte die Auslieferung, jedoch ordnete laut AFP ein kenianisches Gericht an, dass er weder verhaftet noch ausgeliefert werden darf und gab ihm seinen Pass zurück. Selahaddin Gülens Frau Seriyye hatte am 20. Mai in einem Online-Video berichtet, dass sie seit dem 3. Mai nichts mehr von ihm gehört habe. Er könnte also schon an diesem Tag verhaftet worden sein.
Die Türkei hat schon mehrfach Gülen-Anhänger aus dem Ausland entführt, vor allem vom Balkan und aus Afrika. Und Kenia war nicht zum ersten Mal Schauplatz einer spektakulären Festnahme durch türkische Geheimagenten: 1999 wurde dort der Chef der kurdischen PKK, Abdullah Öcalan, festgenommen. Er sitzt bis heute in der Türkei in Haft.
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