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  • Mindeststeuersatz für Konzerne

Steuervermeider im Visier

Nach jahrelangen Verhandlungen wagen die G7-Finanzminister eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 4 Min.

Das aktuelle Unternehmenssteuersystem wurde in großen Teilen in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entworfen. Auf diese geradezu fossile Qualität hatte der britische Finanzminister Rishi Sunak zu Beginn des Treffens mit seinen G7-Kollegen Ende vergangener Woche verwiesen, und geltend gemacht, dass man sich in einer komplexen, globalen und digitalen Wirtschaft darauf nicht verlassen dürfe. Die Zusammenkunft in London wurde genutzt, um bei dem Thema voranzukommen. Die Minister einigten sich auf eine weltweite Mindeststeuer von 15 Prozent. Zudem solle dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen. Für letzteres soll ein Gewinnmarge ab zehn Prozent gelten. Die darüber hinaus gehenden Gewinne sollen zu 20 Prozent in den jeweiligen Ländern versteuert werden.

Das Treffen der G7-Finanzminister fand im Vorfeld des G7-Gipfels statt, zu dem ab 11. Juni die Staats- und Regierungschefs in Cornwall erwartet werden, darunter auch Jo Biden und Angela Merkel.

Zuletzt hatten die größten Volkswirtschaften der EU beim Thema globale Mindeststeuer aufs Tempo gedrückt. Im Vorfeld des G7-Finanzministertreffens äußerten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien noch einmal ihre Unterstützung. In einem Beitrag für den britischen »Guardian« hatten die Finanzminister der genannten vier Länder geschrieben, dass ein solches Abkommen der G7 in Reichweite sei. Spanien ist nicht Mitglied der G7-Gruppe, zu der außer Deutschland, Frankreich sowie Italien die USA, Großbritannien, Kanada und Japan gehören.

Auch US-Präsident Joe Biden sprach sich bereits für einen Mindestsatz von 15 Prozent für international agierende Unternehmen aus, zuvor hatte er sogar 21 Prozent angestrebt. Die vereinbarten 15 Prozent sind unter anderem auf Druck aus Frankreich ausdrücklich als Mindestwert deklariert worden. Finanzminister Bruno Le Maire kündigte an, Frankreich werde in den kommenden Monaten »dafür kämpfen, dass dieser Mindeststeuersatz so hoch wie möglich wird.« Unterstützung kam auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF), wo man hofft, mit einer solchen Untergrenze den Wettbewerb zwischen einzelnen Staaten um die niedrigsten Steuersätze verhindern zu können.

Hintergrund sind die Strategien großer Konzerne wie Apple oder Google, Steuern zu vermeiden. Das gelingt immer wieder, indem Unternehmensgewinne rechnerisch in Länder mit niedrigen Steuersätzen verschoben werden. Das ist dann möglich, wenn die in vielen Ländern tätigen Unternehmen ihre Firmensitze in das jeweils günstigste Land verlagern. So meldet Google seine Gewinne beim irischen Fiskus, Amazon in Luxemburg. In der EU gibt es weitere Standorte, die für Unternehmen steuerlich günstig sind, so die Niederlande, Zypern oder Malta. Absehbar aber ist, dass sich innerhalb der EU genau diese Niedrigsteuerländer sperren. Der irische Finanzminister Paschal Donohoe mahnte bereits an, dass auch die Interessen der kleineren Länder gewahrt werden müssten. Die von den G7 jetzt angestrebten 15 Prozent bilden ungefähr das untere Ende der nominal fälligen Steuersätze der EU ab. Auch im Wettbewerb um niedrigere Unternehmenssteuern sind diese in den letzten Jahrzehnten auch in den großen Industrieländern gesunken: In Deutschland von 60 Prozent 1980 auf heute 30 Prozent, in den USA in den vier letzten Jahrzehnten von 50 auf aktuell 25 Prozent.

Die vorgesehene Neuordnung träfe aber auch traditionelle Konzerne, wie etwa die deutschen Autobauer. Volkswagen etwa müsste dann mehr Steuern in China zahlen und weniger in Europa, entsprechend seinen Umsätzen. Zunächst stellte sich der US-Internetkonzern Facebook hinter die erzielte Einigung - »auch wenn das bedeuten könnte, dass wir mehr und an verschiedenen Orten Steuern zahlen«.

Im nächsten Schritt müssen dann die G20 - eine größere Gruppe führender Wirtschaftsnationen, darunter China, Indien und Brasilien - überzeugt werden. Gelegenheit wäre dazu bei deren Treffen im Juli in Italien. Skeptisch äußerte sich Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Linke-Bundestagsfraktion: »Es ist noch keinesfalls sicher, dass die Einigung auch bei der G20 Bestand hat und wie die Besteuerungsrechte gegenüber US-Konzernen wie Amazon oder Google aufgeteilt werden«. Der Politiker kritisierte den Mindeststeuersatz von 15 Prozent als zu niedrig. Dieses Urteil teilt auch die Entwicklungsorganisation Oxfam, die den Mindeststeuersatz für unfair hält. Die Höhe sei ähnlich der niedrigen Raten in Steueroasen wie Irland, der Schweiz oder Singapur. Profitieren würden davon eher die G7-Staaten selbst, in denen die Unternehmen angesiedelt seien, auf Kosten ärmerer Länder.

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Experten gehen davon aus, dass eine solche Steuer erst funktionieren könne, wenn sie auch auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschlossen würde. Die OECD mit ihren 38 Mitgliedstaaten könne ausscherende Regierungen unter Druck setzen.

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