Mehr Überwachung möglich
Bundestag stimmt Neuregelungen für Polizei und Geheimdienste zu
Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag einem Gesetz der Großen Koalition zugestimmt, mit dem die Bundespolizei neue Befugnisse erhält. Die Neuregelung ermöglicht die Überwachung digitaler Kommunikation wie etwa SMS oder E-Mails im Rahmen der Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Der Staatstrojaner kann eingesetzt werden, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit in Deutschland geboten ist. Dass die Bundespolizei nunmehr auch die Quellen-TKÜ betreiben darf, wurde von FDP, Linken und Grünen kritisiert. »Heute ist ein schwarzer Tag für die Bürgerrechte«, sagte der FDP-Politiker Konstantin Kuhle. Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke hofft, dass das Bundesverfassungsgericht die Neuregelung kassieren werde.
Zudem ermächtigt das Gesetz die Bundespolizei, Aufenthaltsverbote von bis zu drei Monaten auszusprechen, wenn anzunehmen ist, dass der Betroffene eine bestimmte Straftat von erheblicher Bedeutung begehen könnte.
Der Inlandsgeheimdienst erhält ebenfalls mehr Rechte zum Zugriff auf die Telekommunikation. Die entsprechende Novelle des Verfassungsschutzgesetzes wurde vom Bundestag verabschiedet. Künftig soll der Verfassungsschutz Kommunikation über WhatsApp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitlesen dürfen - falls eine solche Anordnung im Einzelfall erteilt wird. Der Verfassungsschutz, das Bundesinnenministerium und die Innenpolitiker der Unionsfraktion hatten erklärt, damit wäre der Inlandsgeheimdienst mit seinen Möglichkeiten bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.
Die Reform war in der Koalition sehr umstritten. Ein erster Entwurf sah im März 2019 für die Geheimdienste die Erlaubnis für »Online-Durchsuchungen« vor. Das bedeutet einen verdeckten Zugriff auf Computer, Smartphones und andere IT-Geräte, deren Daten dann ausgelesen werden können. Dieser Passus wurde gestrichen, weil die SPD hier nicht mitziehen wollte. Oppositionspolitiker kritisierten, Voraussetzung der Überwachung sei eine Nutzung von IT-Sicherheitslücken, die wieder neue Risiken erst erzeugten.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) und der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting kündigten an, gemeinsam zügig Verfassungsbeschwerde gegen den künftigen Einsatz von Staatstrojanern durch die Nachrichtendienste einzulegen. »Ungeachtet aller Warnungen der Sachverständigen wollen die Regierungsfraktionen nun allen Nachrichtendiensten die Möglichkeit zum Hacking vertraulicher Kommunikation und Daten einräumen. Journalistinnen und Journalisten schließen sie dabei als potenzielle Ziele bewusst nicht aus«, kritisierte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. Agenturen/nd
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